Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Metallfühler

In der Gegend von Obermoschel sieht man noch Reste der Burg Löwenstein, die ehemals einem adeligen Geschlecht den Namen gab, das im siebzehnten Jahrhundert erlosch. Es verarmte, und seine letzten Glieder nahmen oft zu unwürdigen Mitteln ihre Zuflucht, ein Auskommen zu finden. Einer von ihnen stand im Ruf, geheime Künste – besonders das Metallfühlen – zu verstehen. In den Tagen, als im orleanischen Krieg die Franzosen jene Gegend bedrohten, riet er dem Kommandanten der nahen Burg Landsberg, sich auf alle Fälle gefaßt zu machen, jedenfalls aber seine Schätze zu bergen. Der Kommandant tat es insgeheim wirklich. Als er darauf mit dem von Löwenstein durch den Burggarten ging, blieb letzterer plötzlich aufmerksam stehen und stampfte mit dem Fuß auf den Boden, indem er sagte: »Hier habt Ihr Euer Geld vergraben; aber da ist es nicht sicher, tut es an einen anderen Platz.«

Darob sah ihn der Kommandant verblüfft an, ließ es sich aber nicht umsonst gesagt sein. In nächtlicher Stunde schaffte er seine Barschaft anderswohin.

Wenige Tage nachher kam der Metallfühler wieder, und nun fand er den Schatz unter einer Platte in der Burg. »Ihr steht mit dem Bösen im Bund«, sagte der Kommandant höchst betroffen.

Der Metallfühler sagte: »Bewahre Gott! Ich bin nur ein Sonntagskind, und solche gibt es noch mehr. Darum bringt Eure Truhe unter die große Linde neben dem Heiligenhäuschen vor dem Burgtor. Dort ist sie gefeit und auch für ein Fronsonntagskind unsichtbar.«

Der Kommandant folgte dem Rat. Aber noch in derselben Nacht grub der von Löwenstein das Geld aus und lebte herrlich und in Freuden. Als der Kommandant später nach seiner Truhe sehen wollte, war sie fort. Weil aber unrecht Gut nicht gedeiht, schlug das Geld auch beim Löwenstein nicht an; bald war er fertig damit und wieder so arm wie zuvor.

 


 


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