Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Schlafhaubenkramer

Ein Krämer von der Schwabinger Straße zu München sitzt vor soundso vielen Jahren abends in Gesellschaft etlicher ehrsamer Bürger beim Bier. Da wird viel gesprochen; auch von Geistern ist die Rede. Einer sagt: »Das Gespenst mit der Schlafhaube läßt sich auch wieder auf dem Frauenfriedhof sehnDie Frauenkirche war damals gleich anderen Kirchen mit einem Kirchhof umgeben.

»Was Gespenst!« ruft der Krämer. »Das sollte mir in den Weg kommen; ich wollt' mit ihm fertig werden!«

Als die Zeit gekommen ist, nach Hause zu gehen, nimmt der Krämer, der sich indessen Courage getrunken hat, Hut und Laternchen und wandelt dem Frauenfriedhof zu, über den sein Weg führt. Da sieht er denn richtig einen langen weißen Mann mit einer Schlafhaube an einem Grabstein sitzen. Der Krämer erschrickt anfänglich, denkt aber ans Wirtshaus, ermannt sich, ballt die Faust und versetzt der Larve eine Maulschelle, so daß ihr die Schlafhaube vom Schädel fällt.

Nun heißt's aber laufen. Der Krämer voraus, das Gespenst hinterdrein. Der Krämer gelangt glücklich in sein Haus und schlägt dem Verfolger die Tür vor der Nase zu. Der Geist kann nicht durch, weil die Tür nach altem Brauch mit drei Kreuzen bezeichnet ist.

Der Krämer eilt hinauf in seine Stube, da sieht schon die Gestalt zum Fenster herein. Was tun? Im Zimmer hängt ein Bildlein der Muttergottes von Altötting, der Krämer reißt's von der Wand und wirft es dem Eindringling entgegen. Alles ist still; der Geist ist verschwunden.

Am anderen Morgen findet man das Muttergottesbildlein ruhig ans Fenster gelehnt. Von dieser Stunde an hieß der Krämer »Schlafhaubenkramer«.

Die Geschichte wissen noch viele Münchner zu erzählen.

 


 


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