Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Mohren im Schloß zu Mörnsheim

In wildromantischer Gegend stand viele Jahre lang einsam und verlassen das Mörnsheimer Schloß. Eulen und Dohlen nisteten im alten Gemäuer, Dornen und Steinhaufen verwehrten jedermann den Zutritt, pfeifend heulte der Wind durch die Hallen der Burg, und fürchterlich dröhnte es im Umkreis, wenn Gesimse brachen und in die Tiefe hinabrollten. Es trauerte die Natur, weil sie der Mensch verließ. In weitem Umkreis sang die Amme dem Kind schon die Geschichte des verzauberten Mörnsheimer Schlosses vor. Sorgfältig warnte der Vater den Sohn, nie den Ort zu betreten, auf dem der Fluch des Ewigen ruhte. In langen Winterabenden erzählte man sich beim dampfenden Kien die schon tausendmal gehörte Sage vom Schloß:

Die alten Besitzer des Schlosses waren Mohren und standen im Ruf der Schwarzen Kunst. Sie riefen Verstorbene aus dem Reich der Schatten hervor, und die Erde öffnete sich auf ihr Geheiß und gab die verborgenen Schätze hervor. Die Geheimnisse der Menschen wußten sie, und sie wahrsagten künftige Dinge.

Als der letzte von ihnen starb, bemerkte man bald, daß seine Seele am Ort der Abbüßung und Läuterung gestraft wurde, es spukte im Schloß, und das Schloß wurde von jedermann gemieden. Ein Reisender wagte es, den Ort des Schreckens zu betreten. Die Neugierde führte ihn in einen gewölbten Saal. Der Kühne öffnete die Pforte, und siehe – drei Mohren im Rittergewand sitzen am Tisch mit Karten in den Händen. Noch einen Schritt weiter vorwärts, und die schwarzen Ritter werfen die Karten weg und ziehen das Schwert. Da verläßt den Frevler der Mut, er kehrt zurück, blaß wie eine Leiche. Zitternd eilt er die Anhöhe hinunter, während die Dorfbewohner mit Ungeduld den Ausgang des frechen Unternehmens erwarten und die Erzählung mit Schauder vernehmen.

 


 


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