Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Das graue Männchen

Von Daniel Rothgeb

              Es war einmal ein Bäckermeister
Zu Pirmasens – 's, ist euch bekannt –;
War nächtlich auch zur Stund' der Geister
Ein graues Männchen ihm zur Hand.

Das heizt den Ofen, rührt sich tüchtig,
Es deckt die Diele, siebt das Mehl,
Und alles geht so flink und flüchtig,
Und Weck' und Brot wird ohne Fehl.

Verschlafen oft und widerwärtig
Ist unser Meister aufgewacht;
Doch sieht die Arbeit stets er fertig,
Wie hat ihm 's Herz im Leib gelacht!

Da denkt er schmunzelnd: »Ein Geselle,
Der weder Kost noch Lohn begehrt,
Der ist doch wahrlich auf der Stelle
Noch mehr als dutzend andre wert.

Nur möchte ich ihn schaffen sehen,
Wie flink und wie geschickt er ist;
Würd' heute auf die Wache gehen,
So ich's nur klug zu machen wüßt'!

Doch halt – ich hab's! Ich werde passen,
Dem lieben Bursch zu Lust und Freud
Ein rotes Röcklein machen lassen,
Und kann es sein, noch lieber heut.«

Und richtig kommt das Männchen wieder,
Will gleich an seine Arbeit gehn;
Da tritt er vor, mein kluger Hüter,
Und vor dem Männchen bleibt er stehn.

Er hält das Röcklein ihm entgegen,
Im Munde noch des Dankes Wort
Um seiner guten Dienste wegen –
Und husch! Da war mein Männchen fort.

Es wartete zum guten Ende
Das Mörschel in der Muld' auf ihn
Und mahnt: »Du kannst nun deine Hände,
Mein lieber Dicker, selbst bemühn.«

Und wenn der Ofen nächtlich hitzte,
Hat seinen Teig er selbst gemacht,
Und wenn er dastand, schafft' und schwitzte:
Ob er ans Männchen wohl gedacht?

 


 


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