Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Mariahilf bei Passau

          Es wohnt ein schönes Jungfräulein,
Bekleidet mit Samt und Seiden,
Ob Passau in ein Kirchel klein,
Auf einer grünen Heiden;
Dort auf dem Kapuzinerberg
In Gnaden sie verbleibet,
Mit Zeichen und mit Wunderwerk
Ihr meiste Zeit vertreibet.

Aus fremden Landen führt sie her
Erzherzog Leopoldus,
Ihr zu erzeigen alle Ehr',
Das war sein größte Wollust.
Den schönen Sitz hat ihr bereit',
Ein edler Herr von Schwendi,
Jetzt genießt er in der Seligkeit
Ihr mütterliche Hände.

Auf ihrem Haupt trägt sie ein Kron'
Von Gold und Edelsteinen,
Von Silber ist gemacht ihr Thron,
Auf dem tut sie erscheinen.
Jesus, der wahre Gottessohn,
In ihren Armen wohnet;
Die Seel', die ihm und ihr tut schön,
Bleibt wohl nicht unbelohnet.

An ihr ist nichts denn Heiligkeit
Und majestätisch Leben,
Ganz englisch ist ihr Reinigkeit,
Demütig doch darneben.
Ihr Ursprung ist sehr adelig,
Von königlichem Stamme,
Ich darf sie nennen öffentlich:
Maria heißt ihr Name.

Vor ihr die Engel neigen sich,
Weil Gott sie selber ehret,
Dienstwillig sie erzeigen sich,
Sobald sie's nur begehret.
Die Kaiser beugen ihre Knie,
Die König sie schön grüßen,
Fürsten und Herren rühmen sie
Und fallen ihr zu Füßen.

Es stehn vor ihrem Angesicht,
Viel tapfre Edelknaben,
Zu ihrem Dienst dahin gericht',
Die Schild in Händen haben.
Wie Engel stehen ihr so nah
Der Ablaß und die Gnade,
Die grüßen uns von ferne da
Und hin zu ihr uns laden.

Mit vielen zarten Blümelein
Ist sie gar fein umstecket,
Mit Nägeln und mit Röselein
Wird ihr Altar bedecket.
Davon das ganze Kirchel schier
Überaus lieblich schmecket,
Damit das Volk durch solche Zier
Zur Andacht werd' erwecket.

Oft Musikklang und Orgelspiel
Tut man da bei ihr hören,
Ämter und Litaneien viel
Haltet man ihr zu Ehren.
Ihr viel Personen immerdar
Lichter und Ampeln brennen,
Durch welche sie sich ganz und gar
Zu ihrem Dienst bekennen.

Dort sieht man durch die Sommerzeit
Prozession und Fahnen,
Die Prediger nach Gelegenheit
Das Volk zur Buß' vermahnen.
Sie reich und arm, Mann, Weib und Kind
Loben und benedeien;
Und so sie beichten ihre Sünd',
Tut man's ihnen verzeihen.

Allda sich in ein Klösterlein,
Nicht weit von ihr gelegen,
Viel arme Diener schließen ein,
Allein von ihretwegen;
Daß sie ohn' alle Hindernis
Der Jungfrau mögen pflegen
Und letztlich nach getaner Buß',
Erwerben ihren Segen.

Sie hat ein kleines Glöckelein,
Gar wunderschön es klinget,
Gleich wie ein kleines Waldvögelein
In aller Früh es singet;
Sobald es hört ein liebreichs Herz,
Vor Freuden es aufspringet;
Das Volk es locket hinaufwärts,
Wann's in die Luft sich schwinget.

Sie liegt mir an dem Herzen mein,
Holdselig von Gebärden,
Wollt' Gott, ich könnt' ihr Diener sein,
Solang ich leb' auf Erden.
Drum: Sofern ist in mir was Guts;
Und auch sogar das Leben
Bis auf den letzten Tropfen Bluts
Will ich gern für sie geben.

Den Bogen sie mit Liebespfeil,
Die Herzen durchzuschießen,
Gespannt zu halten alleweil,
Läßt sie sich nicht verdrießen.
Verbreitet ihres Sohnes Licht,
Die Seelen zu gewinnen,
Ihr große Macht darauf sich richt',
Spart keinen Fleiß hierinnen.

Wer nur ansieht ihr schön Gestalt,
Der tut sich gleich verlieben,
Als wär' an ihr Magnets Gewalt,
So wird er angetrieben.
Vieltausend Leut so manche Meil'
Ihr zu Gefallen reisen,
Zu kurz ist ihnen Zeit und Weil',
Wann sie ihr Ehr' erweisen.

Den sie nur freundlich blicket an,
Den hat sie schon gewonnen,
Ihr Anblick ihn bald fangen kann,
Kommt nimmer gern von dannen.
Nicht wenig tun bekennen das
Von Bösen und von Frommen;
Meinen, es zieh' sie weiß nicht was,
So sind sie eingenommen.

Geb' Gott, daß stets an diesem Ort,
Sein Name werd' gepriesen,
Daß ihm sogar mit keinem Wort
Ein Unehr' werd' bewiesen.
Das liebe Kindlein Jesus Christ,
Der Mutter zu gefallen,
Woll' helfen tun zu jeder Frist
All, die zur Jungfrau wallen.

 


 


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