Im dreißigjährigen Kriegsgewühl 
        Nahm sich die Pfalz am Rhein 
        Ein span'scher Feldherr einst zum Ziel 
        Und zog mit Scharen ein. 
        Er ließ, um siegend vorzudringen, 
        Das Städtchen Oggersheim umringen.
        Den Bürgern wurde kalt und heiß, 
          Bis noch der Trost sich fand, 
          Daß unentdeckt in ihrem Kreis 
          Ein Fluchtweg offenstand. 
          Da griffen sie geschwind zum Stabe 
          Und flohen mit Weib und Kind und Habe. 
Hans Warsch, der Schafhirt, blieb im Ort 
          Der Männer ganzer Rest; 
          Denn Ehehaften hielten dort 
          Den wackern Burschen fest. 
          Sein Weib, ein ihm sehr liebes Wesen, 
          War eines Kindleins erst genesen. 
»Sieh zu, was stehet dir bevor?« 
          Ratschlagte Hans mit sich. 
          »Das Volk umlagert Wall und Tor 
          Und tobet fürchterlich. 
          Doch nur getrost – wie sich's auch stelle, 
          Er stammt denn noch nicht aus der Hölle. 
Tritt mannhaft ihm vors Angesicht, 
          Und sprich ein tapfres Wort! 
          Das wär' des Bürgermeisters Pflicht; 
          Doch lief die Memme fort. 
          So bist du leicht der Stadt mehr nütze 
          Als jene ausgewichne Stütze.« 
Und zwischen Donnerbüchsen stand 
          Er plötzlich auf dem Tor 
          Schwang mutig mit der rechten Hand 
          Ein weißes Tuch empor 
          Und rief fast trotzig: »Hört, ihr Degen, 
          Ich soll mit euch Verhandlung pflegen. 
Gelobt ihr Schutz und Sicherheit 
          Uns allen redlich an, 
          So wird euch ohne Widerstreit 
          Das Tor flugs aufgetan. 
          Doch wollet ihr die Stadt verheeren, 
          So werden wir uns grimmig wehren.« 
Dem Feldherrn ward, was jener sprach 
          Vom Dolmetsch treu erklärt; 
          Er sann darob nicht lange nach, 
          Er rief: »Es sei gewährt!« 
          Und Hans, vertrauend diesem Worte, 
          Eröffnete sogleich die Pforte. 
Wie staunten jetzt die Spanier 
          Auf ihres Einzugs Bahn, 
          Als sie das Städtchen um sich her 
          Wie ausgestorben sahn! 
          »Wo«, fragten sie, »wo sind die andern, 
          Die sonst durch diese Gassen wandern?« 
»Sie flohn!« versetzte Hans. »Nur mir 
          Hing eine Kett' am Fuß, 
          Weil ich heut oder morgen hier 
          Kindstaufe geben muß. 
          Doch dürft ihr drum nicht feindlich schalten; 
          Was ihr versprochen, müßt ihr halten!« 
»Ei«, rief der Feldherr, »ei, wie hat 
          Der Schalk uns angeführt! 
          Doch fruchten soll's der ganzen Stadt, 
          Was seinem Mut gebührt.« – 
          Drauf herrscht' er wie ein Freund gelinde 
          Und stand Gevatter bei dem Kinde.  |