Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Braut von Fürstenstein

Von Adalbert Müller. – Fürstenstein, Schloß im Bayernwald, Ldg. Passau

        »Wohin wie die Windsbraut, mein edler Herr?
Wohin im Hochzeitsgewand?
Es blutet der Sporn, es schäumt die Mähr',
Es glüht unterm Hufe der Sand.«

So sprach zum Junker von Falkenau
Ein Frauenbild wohlgetan;
Die Fremde saß früh im Morgengrau
Am Hochgerichte und spann.

»Ich reit' fürbaß gen Fürstenstein,
Zum Schlosse, wohl stattlich erbaut;
Die Fahrt ist eilig, es wartet mein
Mit Sehnsucht die herzliebe Braut.«

»Ach, guter Ritter, jetzt ist nicht einst –
Aus Rosen weht Leichenduft;
Die du ins Brautbett zu führen meinst,
Sie schlummert in modriger Gruft.«

»Ha, Natter, den Stich bezahlst du zur Stund';
Nicht straflos sagst du mir Spott.
Erst gestern küßt' ich Süßliebchens Mund,
So warm und so purpurrot.«

Er rief s und zückte das scharfe Schwert
Und hieb mit Zornesgewalt –
Doch spurlos wie duftigen Nebel durchfährt
Das Erz die Frauengestalt.

Da bäumt sich der Rappe von Geisternäh'
Und stürzt mit dem Reiter talab;
Dem Armen wird es ums Herz so weh:
»Ach, Liebchen, so lägst du im Grab?«

Es flattert im Winde sein blondes Haar,
Sein Busen atmet mit Not;
Er klagt und seufzet wohl immerdar:
»O weh mir! Ist Liebchen tot?«

Und als die Sonne zu Rüste ging,
Beschien sie des Fürstensteins Turm;
Vom Giebel ein schwarzes Fähnlein hing,
Drin sauste gar traurig der Sturm.

Die Sterbeglocke klang dumpf ans Ohr,
Sie klang sonder Unterlaß;
Drauf sprengte ein Rappe herein zum Tor –
Im Sattel kein Ritter saß.

 


 


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