Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Wassermann

In dem Wiesengrund, der »Rinderbach« genannt wird und vom Lohrgrund zwischen Frammersbach und Lohrhaupten rechts abführt, ist es, besonders im Frühling, ehe die Gräser und Halme zu sprossen anfangen, oft nicht geheuer. Das soll daher rühren: Ein Ortsnachbar von Frammersbach, alt und außerordentlich geizig, hatte in der Rinderbach (auch Rinnerbach) einige Wiesen. Wenn nun Samstag abends die anderen Bauern sich ihre Wiesen recht schön für den folgenden Sonntag gewässert hatten, so machte sich der Geizhals gegen Mitternacht mit seiner »Haue« auf, ging hinaus und gewann, unbekümmert darum, daß der Sonntag oder der »hehre Feiertag« schon angebrochen war, seinen Nachbarn das Wasser ab, um seine Wiesen damit zu bewässern. Zur Strafe dafür mußte er nach seinem Tod in der Rinderbach wandern.

Ihn hat der alte »Hirtenbalter« sogar einmal – vielleicht auch zur Strafe und eigenen Besserung – am hellen Tag gesehen. Der genannte Balter hütete nämlich am Haurain am Sonntag nach Ostern seine Schweine. Da sah er drunten in der Rinderbach den Mann eine Wiese wässern. Er ging nun hinab, auf ihn zu, um den Grauen sich näher anzusehen. Da wurde der Mann größer und immer größer und verschwand hierauf wie ein Nebel vor seinen Augen. Sogleich erhob sich ein ungeheurer Sturmwind, der den Hirtenbalter eine Stunde weit den Berg hinauftrieb, ohne daß er Widerstand leisten konnte. Seine Schweine aber wühlten ruhig fort und schienen vom Sturmwind nichts zu bemerken.

Der Hirtenbalter hat später oft erzählt, welche Angst er damals ausgestanden habe.

 


 


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