Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Von einem frommen Einsiedler auf der Milseburg

Auf der Milseburg lebte vor langen Jahren ein frommer Einsiedler mit Namen Johannes. Das Volk, das häufig zu ihm auf den Berg kam, um seinen Segen wie seinen guten Rat und heilsame Kräuter von ihm zu empfangen, nannte ihn nur den Milsehans. Er war es, der zuerst auf dem einsamen Gipfel des Berges aus rauhen Steinen und Felstrümmern eine kleine Kapelle baute. Mühsam trug er die schweren Steine zusammen und rief dabei oft den Beistand des heiligen Gangolf an. Wenn ein Block ihm zu schwer war, dann rief er munter: »Hopp! Gangolf! Hopp!« Und da hoppte und hüpfte der Stein von selbst empor.

Nahe am Brunnen des heiligen Gangolf hatte der Eremit seine Zelle erbaut. Als die kleine Steinkapelle fertig war, beschloß der Einsiedler, auch ein mächtig hohes Kreuz auf der Milseburg zu errichten, ließ es in Fulda zimmern und den steilen Berg hinauffahren. 24 Stiere zogen den Wagen mit dem schweren Kruzifix. Als dieses auf der Höhe ankam, offenbarte sich ein großes Wunder. Schon am Fuß der Milseburg war, ohne daß es von jemand bemerkt worden wäre, der Felgennagel verlorengegangen, und erst oben wurde man gewahr, daß er fehlte. Und dennoch hatte der Wagen mit dem schweren Kreuz auf den Berg gefahren werden können. Dieses Wunder tat der heilige Gangolf dem frommen Waldbruder zu Liebe und Dank, damit das Kruzifix durch den Fall nicht Schaden leide und unversehrt von der geweihten Höhe als ein Gnadenzeichen emporrage.

Und als die Kapelle fertig und das Kreuz errichtet war, ist der fromme Einsiedler auf dem Berg gestorben. Niemand weiß sein Grab.

 


 


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