Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die drei Scharfrichter zu Regensburg

Von F. I. Freiholz.

              Zu Regensburg, der Donaustadt,
Es einstmals sich begeben hat,
Daß drei Verbrechern auf einen Tag
Ihr Todesurteil der Richter sprach.
Doch weil gerad zu jener Frist
Kein Scharfrichter dagewesen ist,
So suchte man vor allen Dingen
Erst einen solchen aufzubringen.
Drum schrieb der hohe Rat sogleich
Die Botschaft aus im ganzen Reich,
Daß männiglich erscheinen sollt',
Wer des Scharfrichters Stelle wollt'.
Es meldeten in kurzer Zeit
Sich drei zu dieser Stell' bereit,
Und jeder gelobt' mit hohen Schwüren,
Er könnt' am besten das Richtschwert führen.
Da faßt' ein hoher Rat den Schluß,
Daß jeder sich erst zeigen muß;
Weil's drei Verbrecher zu gutem Glück,
Langt's auch für jeden ein Meisterstück. –
Als nun der Probetag erschien,
Strömt' alles Volk zur Richtstatt hin.
Gefüllt mit Menschen sind die Gassen,
Will keins das Schauspiel gern verpassen.
Und stolz, mit siegsgewissem Schritt,
Der erste das Gerüst betritt;
Mit sorglos unbefang'nem Blick
Besieht er des armen Sünders Genick.
Flugs langt er in die Tasch hinein,
Bringt heraus einen Rötelstein,
Fährt damit um den Hals im Ring,
Der so einen roten Strich empfing.
Dann hebt er hoch das scharfe Schwert,
Das rasch des Sünders Hals durchfährt:
Wie er den roten Ring gezogen,
So ist das Haupt vom Rumpf geflogen. –
Der zweite naht dann mit Bedacht,
Hat nicht der gaffenden Menge acht;
Ihm dünkt es schier, als stünd' er oben,
Zur Kurzweil seine Kunst zu proben.
Des armen Sünders nackter Hals
Scheint ihm ein Krautstengel allenfalls.
Zwei Fäden aus der Tasch' er bringt,
Die er fest um den Hals ihm schlingt;
So nah zusammengerückt die beiden,
Daß man sie kaum konnt' unterscheiden.
Er prüft sein Schwert, ob's scharf genug,
Dann holt er aus zum Todeszug,
Und zwischen den Fäden in der Mitten
Hat er des Sünders Hals durchschnitten;
Am Kopf und Rumpfe kann man traun
Noch unverletzt die Fäden schaun. –
Als das Gerüst der dritt' besteigt,
Ein Zweifel durch alle Lippen schleicht:
Wie soll denn dem der Sieg verbleiben?
Nicht höher kann die Kunst er treiben.
Ihm aber schien es ganz gewiß,
Daß keiner ihm den Sieg entriß.
Den Blick hat er emporgewandt,
Und mit dem Schwerte spielt die Hand;
Die zwei Gesellen eilen bei,
Zeigen ihm Kunstgriffe mancherlei
Und suchen ihm mit falschen Tücken
Den ruh'gen Sinn wohl zu berücken,
Doch er schwingt rasch sein treues Schwert,
Das wie ein Blitz die Luft durchfährt –
Ab haute er mit einem Streich
Die Köpfe allen drei'n zugleich.
Er hatt' das beste Stück vollbracht
Und sich des Amtes wert gemacht. –
Ob er's erhielt, das weiß ich nicht,
Weil davon nichts die Sage spricht.

 


 


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