Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Burgsel bei Kaufering

In vielen Gegenden, namentlich im Lechrain, tragen jene Berge, auf denen ehemals eine Burg gestanden war, den Namen Burgsel. So steht auch bei Kaufering am Lech eine solche Erhöhung, die auf zwei Seiten mit Wällen verschanzt ist und auf den anderen zwei Seiten steil abfällt. Dieser Burgsel soll den Platz bezeichnen, wo das alte Welfenschloß gestanden und Welf II., Herzog von Bayern, 1120 gestorben ist. Später hausten auch hier die adeligen Geschlechter, die die Hofmark Kaufering besaßen, und nebenan betrieben sie auch ihre Ökonomie, wie es der Name des Platzes, der südöstlich vom Burgsel liegt, beweist. Das Wort Buit bedeutet einen Platz, wo ein Gebäude stand, und da vor alters die Ökonomiegebäude der Schlösser häufig Bauhöfe oder Höfe im Bau genannt werden, so kann diese Buit nichts anderes sein als der Platz, auf dem ein solcher Bauhof gestanden ist.

Das Volk sagt auch, hier sei ein Schloß gestanden, aber schon vor vielen hundert Jahren zugrunde gegangen. Auch hat man Gebeine von Menschen ausgegraben. Nördlich vom Burgsel ist eine andere Erhöhung, die von diesem durch einen Hohlweg getrennt ist. Es scheint, daß diese zwei Berge ehemals zusammenhingen, und daß in der langen Zeit, die von der Zerstörung dieser Burg verlaufen sein muß, die große Hohlgasse entstanden ist, dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, da sich diese Gasse durch Abführung von Lehm und Erde noch in der neuesten Zeit sehr erweitert hat.

Auf diesem nördlichen Hügel stehen gegenwärtig die Kirche und der Friedhof, und etwas weiter herab liegt ein Felsenriff, der eine bedeutende Höhlung bildet und in neuester Zeit, weil er einzustürzen drohte, durch ein Gemäuer gestützt wurde. Hier soll es nicht ganz geheuer sein, und vor nicht gar langer Zeit hat man dort oftmals schreckliche Gespenster mit feurigen Augen gesehen, und jeder Bauer, der da vorübergeht, bekreuzigt sich und wagt kaum hinaufzusehen, aus Furcht, ein solches Gespenst zu erblicken.

 


 


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