Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Frevel wider des Herrn Brot

Eine merkwürdige Begebenheit hat sich im Jahre 1567 hier zugetragen, die in einer alten Pfarrchronik aufgezeichnet ist.

Der hiesige Pfarrer Bartholomäus Gebhard hatte zwei Mägde, Kunigunde und Brigitte. Diese gingen den dritten März 1567 auf das Feld, um zu krauten. Da trafen sie noch einige Bauern und Mägde an.

Ehe die Mägde die Arbeit auf dem Feld anfingen, sagte des Pfarrers Magd Kunigunde zu einer anderen Magd, Anna, die bei einem dompropstischen Untertan in Diensten war, sie habe etwas Gutes bei ihr, das wollte sie ihr geben. Und als sie miteinander weitergingen, sprach obengenannte Kunigunde ferner, sie habe gehört, daß sie zum Gottestisch gehen wolle.

Darauf antwortete die Anna: »Ja, wenn mich Gott so lange leben läßt, wird es geschehen.«

Kunigunde aber sprach, sie habe den Leib Christi bei ihr, den wollte sie ihr geben. Hierauf fiel sie nieder, zog die Anna ebenfalls nieder, brachte ein Tüchlein hervor, in dem ein Teil einer Oblate, wie man sie bei Austeilung des hochwürdigen Abendmahls zu gebrauchen pflegt, eingebunden gewesen war, und wollte dieses der Anna darreichen.

Als aber die Magd Brigitte dies sah, hat sie beide Mägde auseinandergestoßen und gesagt, die Leute möchten's sehen. Darauf fragte die Anna, woher sie, die Kunigunde, die Oblate, die gebrochen war, bekommen habe.

Da antwortete sie, daß sie desselben Tages früh diese in ihres Herrn Stube gefunden habe, einen Teil davon nüchtern genossen und, als die andere Magd vom Markt heimkam, dieser auch gegeben habe mit der Meldung, daß sie unseres Herrgotts Brot essen sollte. Es hat also die Anna indessen von der zerbrochenen Oblate ebenfalls ein klein Stücklein aus der Hand der Kunigunde in den Mund empfangen und genossen. Hierauf sind sie an ihre Arbeit gegangen.

Darauf ging Kunigunde zu zwei anderen Mägden, die ebenfalls auf dem Feld waren, wovon die eine auch Kunigunde und die andere Barbara geheißen habe, und sprach zu ihnen, sie habe etwas Gutes das wollte sie ihnen geben. Diese glaubten, sie würden von der Kunigunde Zucker oder Gewürz erhalten. Sie hatten aber Oblaten erhalten und genossen, indem sie es für Sünde hielten, diese hinzuwerfen. Darauf habe noch die Kunigunde gesagt: »Morgen will ich euch den Kelch bringen und euch zu trinken geben.«

Darauf sagte eine Magd, sie solle zusehen, daß sie sich nicht versündige. Darauf gingen sie alle an ihre Arbeit.

Nach zwei Stunden ungefähr wollten sie nach Hause gehen und sahen sich deswegen um, die Kunigunde zu sehen; da wurden sie gewahr, daß diese Kunigunde ein Ackerlänge von ihnen auf dem Angesicht gelegen und tot gewesen sei.

 


 


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