Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Wie ein Bauer aus Rußland gen Ochsenfurt gefahren ist

Nachklang alter Thomassagen.

Es war im Jahre 1812, als spätabends eine Abteilung Franzosen durch Ochsenfurt kam, um hier zu rasten; bald hatten sie ermüdet ihre Quartiere erreicht und ließen sich's bei den gemütlichen Bürgern wohl sein. Einige Bauern, die bisher Vorspann geleistet hatten, entjochten ihre Tiere und kehrten schimpfend über die Franzosen nach Hause zurück; andere aus Ochsenfurt selbst mußten ihre Stelle vertreten.

Unter diesen war ein Bauer, der mit seinem Paar Pferde und Wagen die allzu Ermüdeten fortschaffen mußte. Nach einem kurzen Abschied von Weib und Kind, fuhr er am nächsten Morgen mit den nach Rußland marschierenden Franzosen davon. Als er nun an der bestimmten Station wie seine Leidensgefährten umkehren wollte, ließen ihn die Franzosen nicht fort, denn es fehlte gerade noch an einem Wagen für die Erkrankten. Was wollte er machen? Es blieb nichts anderes übrig, als mitzumarschieren.

So kamen sie nach Rußland. Eines Abends gelobte er in heißem Gebet, der Kirche soviel Wachs opfern zu wollen, als sein Wagen und die Pferde zusammen wiegen würden, wenn er bald wieder bei seiner Frau zurück wäre. Als er nun am anderen Morgen aufwachte, lag er zu Hause in seinem Bett, im Stall scharrten und wieherten die Pferde, der Wagen stand im Hof, seine Frau traute kaum ihren Augen, die Kinder schrien und jubelten.

Bald war der Freudenrausch vorüber, und schwer fiel dem Bäuerlein das Gelübde aufs Herz. Woher das viele Wachs nehmen? Es blieb nichts anderes übrig, als die Sache dem Pfarrer zu erzählen, ob der nicht raten könne. Der Geistliche riet, einmal Pferde und Wagen wiegen zu lassen. Mit klopfendem Herzen ließ es der Bauer geschehen und siehe – sie haben zusammen nicht mehr als sechs Pfund gewogen.

 


 


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