Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Herkommen des Pfingstlritts zu Kötzting

Kötzting im Bayernwald.

Aus nah und fern kommen zu Kötzting am Pfingstmontag morgens berittene Männer und Burschen zusammen, die in paarweiser Ordnung zur Kirche des heiligen Nikolaus in Steinbühl einen Kreuzgang ausführen. Voraus reitet ein Geistlicher mit dem Allerheiligsten, dann der Mesner, die Fahnen- und die Bildträger. Nachdem der feierliche Gottesdienst abgehalten und in einer wunderherrlichen Waldgegend und in den um das Kirchlein aufgeschlagenen Wirtszelten einige Rast gemacht ist, steigt alles wieder zu Pferd, und man kehrt in fröhlicher Stimmung zurück nach Kötzting. Selten, daß es beim Heimritt im Gedränge umgeschulter Rosse und meist unsicherer Reiter zu einem Unfall kommt.

Der außerhalb des Marktes auf einem freien Wiesenplatz angekommene Wallfahrtszug schließt sich zu einem Kreis, und es empfängt hier ein Kötztinger Bürgerssohn, der nach dem Urteil und der Auswahl des Magistrats und des Pfarrers vor anderen als tugendreich gehalten wird, aus der Hand des Geistlichen ein aus Flieder, rotem Band und Silberdraht geflochtenes Ehrenkränzchen um den linken Arm. Es gibt verschiedene Überlieferungen über die Entstehung dieses Rittes; unter anderen die folgende:

Noch bedeckte der Urwald die Gegend, und ringsumher herrschte finsteres Heidentum. Unten im Tal von Chamerau aber bestand schon eine Christenkirche, zu der Steinbühl weit oben in der Bergwaldung als Tochterkirche gehörte. Es geschah nun, daß der Chamerauer Pfarrherr noch nächtlicherweile in seinen Filialbezirk gerufen wurde; es verlangte ein Sterbender nach der letzten Wegzehrung. Weil aber nicht nur die Heiden, sondern auch grimmige Raubtiere den Pfad unsicher machten, entschlossen sich unterwegs die jungen Männer von Kötzting freiwillig, dem Geistlichen zu Pferd ein Schutzgeleit zu geben. Mit anbrechendem Tag brach eine Heidenschar hervor, und des Priesters Leben samt dem Allerheiligsten schien in Gefahr. Da wurden die Gottlosen von den Kötztinger Jünglingen hart angefallen und in hitzigem Kampf teils erschlagen, teils zur Flucht in die Wälder getrieben.

Von solch mannhafter Tat soll das erwähnte Ehrenkränzlein ein Erinnerungszeichen sein.

 


 


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