Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Schloß Freudenberg

Von Ph. Will.

1.
              Zum schönen Ritterfräulein trat
Herr Kollenberg mit einer Rose:
»Wenn Euch der dritte Morgen naht,
Erhört mein Herz, das hoffnungslose.«

Und auch der Graf von Wertheim kam
Mit Edelstein und Perlenschnüren:
»Laßt, holde Maid, als Bräutigam
Mich bald Euch zum Altare führen.«

Und als der dritte Morgen graut',
Da kam Herr Kollenberg geritten;
Die edle Maid küßt er als Braut,
Die schönste Blum' hat er erstritten.

Der Graf von Wertheim ritt herbei,
Zog ab mit unverricht'ter Sache,
Da schwur er hoch bei Rittertreu
Dem stolzen Bettlerweibe Rache.

Und eine Gräfin ward sein Weib.
Er baut' ein Schloß, das Freudenberger;
Stets gab's da lust'gen Zeitvertreib,
Dem Nachbar Kollenberg zum Ärger.

Herr Kollenberg lebt ohne Harm,
Er war nicht reich, doch stets zufrieden.
In seiner treuen Gattin Arm
War ihm das schönste Glück beschieden.

Ein Bettlerweib sandt' ihm aufs Schloß
Graf Wertheim, tückisch ihm zu rauben
Das hohe Glück, das er genoß,
Der reinen Liebe frommen Glauben.

Das Weib empfing gar schlimmen Gruß.
»Wag's nimmermehr, ins Schloß zu setzen,
Verräterin, den frechen Fuß,
Sonst lass' ich dich mit Hunden hetzen!«

»Die Hund'? Fürwahr, ich schaffe sie«;
So rief das Weib im argen Grimme:
»Den Fluch vernimm! Dir lalle nie
Des ersten Kindes süße Stimme!«

 
2.
Der Ritter zog zum blut'gen Strauß
Mit der Getreuen kleinem Heere.
Graf Wertheim fordert ihn heraus;
Da muß er wahren Mannesehre.

Von ihm getroffen, stürzt der Graf,
Doch Wertheim hat die Schlacht gewonnen;
Das Todesschwert die Tapfern traf,
Kaum war der Ritter selbst entronnen.

Und als er aus dem Treffen floh,
Sah er bei seines Schlosses Hofe
Mit einem Korb, bedeckt von Stroh,
Der treuen Gattin treuste Zofe.

»Was tragt Ihr in dem Korb fürbaß?« –
»Ach, die Gebiet'rin lag in Nöten,
Als von zwei Hunden sie genas;
Die soll ich jetzt im Flusse töten.«

Der Ritter reißt die Decke auf –
Ein Knabenpaar lacht ihm entgegen,
Das trägt er froh die Burg hinauf,
Dem Himmel dankt er für den Segen.

Graf Wertheim zog mit wundem Arm
Nach Freudenberg in Siegesprangen,
Ihm folgte der Genossen Schwarm;
Die Gattin hat ihn treu umfangen.

Der Vater nimmt voll sel'ger Lust
Auf seinen Arm den einz'gen Knaben.
Der Knabe glitt von Vaters Brust,
Zerschellt das Haupt im Schlossesgraben.

Siehst du den ernsten Leichenzug,
Sich langsam, feierlich bewegend?
Schwer ruht auf Wertheim Gottes Fluch,
Er flieht für immer diese Gegend.

Die Schlüssel wirft er in den Fluß,
Auf ewig ist die Burg verschlossen;
Er flucht dem Schloß zum Scheidegruß
Dann geht's davon auf flücht'gen Rossen.

Und Freudenberg, der Widerhall
Von kühner Lust, von heiterm Schalten?
Die stolze Burg ist ein Verfall,
Hier hat die Zeit Gericht gehalten.

 


 


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