Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die böse Wirtin von Schweinau

In Schweinau lag eines Wirtes Weib, der auch nebenbei Metzger und Milchmann war, in den letzten Zügen. Die Frau war ihr Lebtag habsüchtig und geizig gewesen, und so ließ ihr der Mammon selbst auf dem Sterbelager noch nicht Ruhe. Anstatt auf den Tod zu denken, hatte sie noch dieses und jenes von allerhand Hausgeschäften mit ihrem Gesinde zu reden. Als nun eben gemolken war und die Milch zum Bäcker getragen werden sollte, rief die Frau mit Anstrengung ihrer letzten Kräfte: »Bub, in die Maß Bäckenmilch gehört jederzeit ein Glas Wasser!« Nach diesen Worten verschied die Frau.

Bald darauf ging's im Haus um. Alle Dienstboten sahen die Frau, nur ihr Mann nicht, obwohl er es wünschte. Endlich wurde er einmal nachts durch leises Stöhnen und Heulen aus dem Schlaf geweckt, und als er aufstand, sah er sein Weib, wie es leibte und lebte, im großen Lehnstuhl hinter dem Ofen sitzen. Die Frau hatte ein großes Tuch in der Hand, womit sie beständig ihre vom Weinen nassen Augen trocknete.

»Liebes Weib«, begann der Mann, »was ist es, daß du der ewigen Ruhe entbehrst?«

Darauf entgegnete die Frau: »An der Fleischwaage ist ein Haken, der ist zu schwer. Was deinen Kindern gehört, nimm aus der Truhen und gib es den Vormundskindern. Das kannst du noch gutmachen; daß ich aber beim Milchschank den Daumen ins Maßblech gehalten habe, kannst du nimmer gutmachen, und deswegen hab' ich keine Ruhe im Grab.«

Und so muß es wohl sein, denn noch immer will man das Jammern und Wimmern der Verstorbenen hören.

 


 


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