Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Mönch

Von L. Aurbacher. – Sage von Herrenchiemsee.

        Wieder tobt der Mönch, der schwarze,
Das gespenstisch Ungeheuer,
Und erschreckt das stille Eiland
Mit Getös und Qualm und Feuer. –
Mag er tosen, mag er toben,
Eitel ist des Bösen Macht;
Gute Geister, die Gott loben,
Wachen für uns Tag und Nacht! –

Ausgeplündert ward das Kloster
Und zerstöret der Altar
Und zerstreut wie eine Herde
Hirtenlos der Mönche Schar.
Mit Ergebung wichen alle
Frommen Väter dem Geschick,
Nur der schwarze Mönch, der Kastner,
Schaut mit Gier und Groll zurück.

Denn des Klosters Schätze lagen
Alle in des Geiz'gen Hand,
Und wie eigen hegt er wuchernd
Das vertraute Unterpfand.
Drum so hat er selbst im Grabe
Fürder keine Rast noch Ruh',
Und er kehrt zur Zeit der Vesper
Oft im öden Kloster zu

Und durchstöbert Küch' und Keller,
Wie er's lebend hat getan,
Und beschaut die Vorratskammern,
Doch er trifft nur Moder an;
Und er gräbt und scharrt und schaufelt
Dann den Kreuzgang auf und ab,
Ob er keinen Schatz mag finden;
Doch er gräbt nur Grab um Grab.

Wie der Rabe sein Gefieder
Dehnt er nun die Flocke aus,
Und erzürnet ob dem Raube,
Zaubert er Gewittergraus.
Seine Augen funkeln Blitze,
Und sein Atem heulend stöhnt,
Und wie dumpfes Donnerrollen
Fluch aus seinem Mund erdröhnt.

Von der Windsbraut aufgeschrecket
Stürmt der See, es bebt die Flur,
Und es fasset Angst die Menschen
Und Entsetzen die Natur. –
Laßt ihn tosen, laßt ihn toben,
Eitel ist des Bösen Macht;
Gute Geister wachen droben
Für uns in der Wetternacht! –

Seht ihr's flimmern in dem Tempel?
Flämmchen steigen sanft empor,
Und sie ziehen, mild aufleuchtend,
In den längst verlassenen Chor.
Horchet auf! Kristallgetöne
Hallt der hohe Psalmensang,
Und von den verfallenen Türmen
Schallt hernieder Glockenklang.

Das ist jener frommen Mönche
Auserles'ne Gottesschar;
Sel'ge Geister, die da bringen
Lob und Dank dem Schöpfer dar:
Lob und Dank dem ew'gen Gotte,
Dessen Wesen Lieb' und Huld,
Und für uns, die armen Sünder,
Bitt' um Nachlaß unsrer Schuld.

Und verstoben ist der Zauber
Und gebrochen seine Macht,
Und es zieht in hehrer Feier
Längs dem See in stiller Macht;
Und es sinken nun die Flämmchen
In die Tiefe leis' hinab,
Und sie blinken, lichte Sterne,
Aus dem dunklen Wassergrab.

Ja, der Zauber ist verstoben
Und gebrochen seine Macht,
Gute Geister, die Gott loben
Halten treulich für uns Wacht.
Und von Abendwind geschaukelt
Gleitet nun das Schifflein fort,
Und bald ruht es wohlgeborgen,
In dem nahen, sichern Port.

 


 


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