Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Residenz zu Würzburg

Von J. Ruttor

          Die Bauten sind zu Ende,
Es prangt der Fürstenbau,
Und über ihm sich wölbet
Voll Stolz des Himmels Blau.

Die Residenz, die schöne,
Sie prangt in Kaiserpracht;
Das Werk bald in Vollendung
Dem edlen Meister lacht.

Da tritt er vor den Bischof
Und fordert seinen Lohn;
Doch dieser zwacket dieses
Und jenes ab davon.

Der Meister drob erzürnet,
Gerät in bittre Wut
Und redet zu sich selber
In heißer Zornesglut:

»Der Bau soll stets erinnern,
Daß er nicht ganz bezahlt;
Der Bau wird nicht vollendet,
Wie fürstlich er auch strahlt!«

Und tritt zu den Gesellen,
Und spricht das herr'sche Wort:
»Ein Fenster gegen Norden
Bleibt unvollendet dort!«

Und die Gesellen taten,
Wie jener streng befahl;
Am Fenster das Gesimse
Wird nicht behaun einmal.

Und noch zu dieser Stunde
Ist's unvollendet dort;
Der Geist des zorn'gen Meisters
Er wandelt nachts am Ort.

Versucht's ein andrer Meister,
Das Fenster auszubaun,
Kann er's am Morgen wieder
Im alten Stande schaun.

Drum bleibt es unvollendet,
Solang der Bau besteht;
Der Wandrer kann es schauen,
Der dort vorübergeht.

 


 


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