Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Freundesprobe

Von August Schnezler

                  »Wie, großer Meister, kann ich Euch beweisen,
Daß ich bin würdig, Euer Freund zu heißen?
Wie dank' ich Euch, was Ihr für mich getan?« –
Albertus Magnus lächelte: »Geduldig!
Ich weiß, mein Freund, du bleibst mir nie was schuldig;
Vielleicht kommt noch die Zeit heran!

Bald wirst du reich und mächtig sein auf Erden,
Ich aber kann ja leicht zum Bettler werden,
Dann erst verlang' ich Dank und Lohn von dir;
Ich bin gewiß, du stoßest dann im Glücke
Den armen Freund nicht stolz von dir zurücke;
Ich glaube fest, dann hilfst du mir!«

Nun sinnt Albertus, wie er den Gesellen
Auf eine feine Probe könne stellen,
Ob seine Freundschaft sei kein leerer Wahn;
Und schnell entschlossen ruft er seine Geister,
Und einem jeden aus der Menge weist er
Beim Zauberspiel die Rolle an.

»Verwandelt euch in Ritter und Vasallen!
Führt meinen Freund in reichgeschmückte Hallen
Von einem wunderherrlichen Palast;
Bekleidet ihn mit königlicher Hülle,
Gebt Golds und aller Güter ihm die Fülle,
Was er nur wünscht, bringt ihm mit Hast!«

Gesagt, getan. Bald sitzt er auf dem Throne,
Vom Haupt des neuen Königs blitzt die Krone,
Mit Jubel grüßet ihn des Volkes Schar;
Er schwelgt in aller Wonnen Überflusse,
In aller Fürstenherrlichkeit Genusse
In tiefem Frieden so drei Jahr'.

Allein es wächst sein Geiz mit jedem Tage,
Und einstmals tritt beim festlichen Gelage
Im Lumpenkleid ein Bettler vor ihn hin:
»Heil dir, o Fürst! In deines Glückes Schimmer
Gedenkst du deines Freunds Albertus nimmer?
Willst du der Not ihn jetzt entziehn?«

Allein der König ruft ergrimmt: »Man führe
Schnell diesen frechen Bettler vor die Türe!
Wer war so keck und ließ ihn zu mir ein?
Wenn ich mich jedes Lumps erinnern sollte,
Der mich gekannt will haben, ei, da wollte
Ich lieber nimmer König sein!«

Da ruft der Bettler: »Sorge nicht, Geselle!
Verschwinde Spuk!« – Und an derselben Stelle
Steht wieder unser Freund, wo er einst sprach:
»Wie, großer Meister, kann ich Euch beweisen,
Daß ich bin würdig, Euer Freund zu heißen?«
Und sinnt bestürzt der Wandlung nach.

Verschwunden sind die zauberischen Hallen,
Verschwunden alle Ritter und Vasallen
Und jede Spur von Königsherrlichkeit;
Albertus steht vor ihm und ruft mit Hohne:
»Ein Traum war all dein Glanz und deine Krone,
Ein Nu bloß die drei Jahre Zeit!

Herr Exfürst, schämet Euch, und sucht gelassen
Euch wieder in der Armut Stand zu fassen;
Mög' diese Prüfung Euch zur Lehre sein:
Nie wird die wahre Freundschaft übermütig!
Nun aber packt Euch fort und seid so gütig
Und sprecht ja nimmer bei mir ein!«

 


 


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