Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Geißkammer

Bergmannssage am Lemberg.

Als im Dreißigjährigen Krieg der General Gallas mit seinen Kroaten in Kreuznach lag, wohnte zu Bingert eine arme alte Frau, die für eine Hexe galt. Sie hatte nichts als ein elendes Hüttchen und drei Geißen im Vermögen, aber eine bildschöne Tochter. Des Schulzen Sohn liebte das Mädchen, durfte sich's aber vor seinem Vater nicht merken lassen. Da kamen einst die Kroaten über die Nahe herüber und fielen ins Dorf ein. Das Mädchen lief in den Wald am Lemberg, um seine Mutter zu suchen, die dort die drei Geißen hütete. Im Lemberg aber war eine kleine Felsenhöhle hinter dichtem Gestrüpp, dahinein flüchtete sich die Alte mit ihrer Tochter und den Ziegen.

Die Kroaten hausten derweil übel in Bingert, steckten das ganze Dorf in Brand und stachen den Schulzen nieder. Er wurde nach der Höhle getragen, und Mutter und Tochter pflegten ihn dort aufs eifrigste. Die Leute zogen großteils von Bingert nach Feil hinüber; der Schulze auch, und er vergaß gar bald die Wohltat, die er von den armen Frauen genossen hatte, die nun kein Häuschen mehr hatten und in der Höhle wohnen bleiben mußten.

Mit Schrecken gedachten sie des kommenden Winters, und zu diesem Kummer kam noch die Botschaft, der Sohn des Schulzen müsse eine andere freien. Als sie einmal so betrübt in der Höhle saßen und weinten, trat plötzlich das kleine Bergmännlein zu ihnen und tröstete sie. Mit einem silbernen Fäustel klopfte es an die Felswand der Höhle und sagte: »Hier ist euer Reichtum. Geht hin, zeigt dem Pfalzgrafen an, ihr hättet eine reiche Mine entdeckt, und wenn er Halbpart gäbe, wolltet ihr's ihm kundtun.«

Die Mutter dachte an Ernesti Glück und ging nach Kreuznach zu des Pfalzgrafen Amtmann. Der sagte den Halbpart zu. In der Höhle wurde darauf geschürft, und siehe da, es war wirklich eine reiche Mine. Der Kurfürst baute der Alten und ihrem schönen Töchterlein ein stattliches Haus, und der Schulze sah es nun gar gern, daß sein Sohn das Mägdlein zum Weib nahm.

Die Halbschied der Grube aber kaufte der Kurfürst um schweres Geld den Leuten ab und betrieb noch am letzten unter den drei Gruben des Lembergs diese Geißkammer, wie sie nach jener Höhle heute noch genannt wird.

 


 


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