Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Klapperer

Von B. Strauch. – Oberpfälzer Sage.

            Es saßen im Dorfe beim Pfänderspiel
Die Knechte, die Mägde zum Rocken;
Sie schwatzten und lärmten und schäkerten viel,
Noch Rädchen noch Zung' kam ins Stocken.
»Was soll«, rief einer, »was soll dies Pfand,
Das ich jetzt berge in meiner Hand?«

Da hob eine stämmige Dirne an:
»Da draußen im Beinhaus am Turme,
Da stehet grinsend ein knöcherner Mann,
Es klappern die Beinlein beim Sturme.
Wem das Pfand in deiner Hand mag sein,
Der bringe den grinsenden Klapp'rer herein.«

Wohl manche Wange ward leichenbleich
Ob diesem verweg'nen Verlangen. –
»Das Pfand ist dein eigen, nun lös es sogleich«,
Rief der Sprecher – und Schrecken und Bangen
Durchrieselte alle, und schweigend schritt
Zur Türe die Dirne mit ernstem Tritt.

Der Scherz war entflohn aus dem lockeren Kreis,
Kaum gelang es, die Angst zu verstecken.
»Ach, es ist nur Schwank, nur kindische Weis',
Sie denket wohl nur uns zu schrecken?« –
Da tritt sie herein und keuchet und schwitzt,
Auf dem Rücken der knöcherne Mann ihr sitzt.

»Ich habe die Lösung des Pfandes vollbracht«,
So spricht sie, »nach euren Geboten;
Wer Mut hat, bring' in der schwarzen Nacht
Zurück den klappernden Toten!
Ihn zu holen war mir das Ziel gestellt;
Zur Heimfahrt werde ein andrer bestellt.«

Und bittend und flehend gehn alle sie an:
»O schaffe zurück die Gebeine!« –
»Wohlan denn«, rief sie, »so sei es getan;
Doch beding' ich mir vorher dies eine:
Ihr reichet als eures Mutes Pfand
Ein jedes dem dürren Gesellen die Hand.«

Und schaudernd folgte das lose Gesind,
Es umfasset jeder die Pratze.
»He, Mütterlein hinter dem Ofen, geschwind!
Gebt doch auch eine Patschhand dem Schatze!«
So rufen die einen; und grau und gebeugt
Hervor vom Ofen ein Weiblein keucht.

Sie schaut ihm ins hohle Angesicht:
»O daß ich das Mägdlein geboren!
Ich kenne dich wohl, erbärmlicher Wicht,
Du hast es mir abgeschworen!
Nun muß dich mir bringen dein eigen Kind,
Daß dein falsches Herz Verzeihung find't!

So sei's denn! Da hast du die welke Hand –
Verzeihe der oben uns allen.«
Sie sprach's, und im Nu in ein Häuflein Sand
War das morsche Gerippe zerfallen.
Und das Mütterlein legte sich nieder zur Ruh'
Und schloß auf ewig die Augen zu.

 


 


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