Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Priestersäule zu Schwandorf

An dem Weg, der von Schwandorf zu dem nahe liegenden Kreuzberg führt, erblickt man unter anderen Bildsäulen auch einen schlichten Stein, auf dem das Barett eines Priesters ruht. Zur Zeit, da die neue Lehre den alten Glauben aus vielen Herzen verdrängte, war es auch zu Schwandorf dahin gekommen, daß sich die Katholiken in der Minderzahl fanden und von den Anhängern der neuen Lehre Spott und Kränkung zu ertragen hatten. Doch war einer unter ihnen, der achtete alles gering, wenn es darauf ankam, seinen Glauben offen zu bekennen.

Diesem Mann wurde gerade ein Kind geboren. Weil aber im Städtlein kein katholischer Priester zu haben war, entschloß er sich, um Mitternacht einen Geistlichen aus der Nachbarschaft einzuschwärzen. Dies ging auch glücklich vonstatten; der Priester kam, die heilige Handlung wurde vollzogen. Des Morgens aber erfuhr man im Städtlein, ein katholischer Priester befinde sich in dem Haus jenes Schwandorfers. Sogleich rottete sich ein Haufen Volk zusammen, zog vor das Haus und forderte mit Ungestüm, daß der Pfaffe ausgeliefert werde. Unser Bürger war aber dem Sturm zuvorgekommen und hatte den Geistlichen durch eine Hintertür auf einem wenig betretenen Pfad ins Freie geleitet. Allein die Masse vernahm dies und setzte sich sogleich zur Verfolgung des Flüchtigen in Bewegung.

Als nun der Priester den Schwarm schon von weitem heranrücken sah, warf er sich in Todesangst auf die Knie und flehte zu Gott um Errettung aus den Händen seiner Verfolger. Da soll plötzlich bei heiterem Himmel ein dicker Nebel gefallen sein, so daß der Priester den Augen der Menge entzogen wurde. So kehrte die wilde Masse wieder nach Schwandorf zurück, der Gerettete aber ließ aus Dankbarkeit die Steinsäule errichten, die noch heutzutage das Andenken an den Vorfall bewahrt hat.

 


 


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