Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Richard Löwenherz auf dem Trifels

Von Friedrich Baader.

1.
            »Wie lacht der Frühling doch so schön
Wie grünt die Au im holden Maie,
In Sonnengold der Berge Höhn
Und drüberhin des Himmels Bläue.

Du kühner Aar in freier Luft,
Du Rhein, mit deinen Silberwogen,
O grüßt mein Land von dieser Gruft,
Kommt ihr nach Albion gezogen.

Wohl nimmermehr, mein Heimatland,
Wall' ich auf deinem fels'gen Strande,
Wohl nimmer wird, mein Engelland,
Dein König frei von harter Bande.

Ein Felsennest statt – Königsschloß;
Der Boden Fels und Fels die Wände;
Statt schwellender Polster – karges Moos,
Statt Schwerts – die Ketten an der Lende.

Ein hären Kleid – sonst ein Talar,
Ein Steinsitz jetzt – einst auf dem Throne...
Und wild umrankt mein Haupt das Haar,
Das sonst so stolz trug eine Krone.«

So klagt Richard Plantagenet
In Trifels' dumpfem Burgverlies,
Worin die Rache Österreichs
Den edlen König schmachten ließ.

Doch horch – welch ein bekannter Klang
Dringt jetzt zu König Richards Ohr,
Wer ist der Sänger, der es wagt,
Zu nahen sich dem Kerkertor?

»O Sultana! O Sultana!
Sieh den Fremdling liebebang
Sich zu deinen Füßen winden...
Rührt dich nicht der Liebe Klang?
Du verstehst nicht seine Worte,
Doch du siehst sein Auge glühen
Von des Herzens Liebesdrang.«

Der König sinnt, der König lauscht
Der Laute klagendem Akkord,
Der zitternd durch den Kerker hallt,
Und wiederholt sich Wort für Wort.

»Wer könnte dieser Sänger sein?
Nur einem ist das Lied bekannt –
Mein Blondel – Blondel nur allein!
Ihm sang ich es im Heil'gen Land.«

Es zittert, jauchzt, es stürmt aufs neu
In seinen Adern Jugendglut;
Er greift zur Laute schnell, die lang
Schon an der feuchten Mauer ruht:

»Schöner Fremdling, deine Sprache
Ist mir nicht so unbekannt,
Ich bin selbst aus fernem Norden,
Bin von einem Inselland;
Noch lebt dort mir wohl die Mutter,
Noch lebt dort mir wohl der Bruder –
Bin dir selbst vielleicht verwandt...«

Die Laute summt noch den Refrain,
Verschwindend in ein leises Ach,
Und wie ihr Ton im Kerker klagt,
Hallt's wehmutsvoll von unten nach.

»O wüßt' ich, ob's mein Richard ist!« –
»O wüßt' ich, daß mein Blondel er!«
Die Lauten rauschen im Verein,
Die Worte schweben hin und her:

»Und dein Name?« – »Isabella.« –
Dies ist{ Richard, Blondel } nur bewußt!
»O mein Bruder!« – »Meine Schwester!«
Und sie sinken Brust an Brust.
»Meine Schwester!« – »Du mein Bruder!«
Nur die ferne Mutter fehlet
Zu der hohen Wonn' und Lust.

 
2.
Wie wenn der Sturm durch Föhren fährt
Und Äste, Bäume, Felsenschollen,
Daß zitternd dröhnt ringsum die Erd',
Den Abhang dumpf hinunterrollen;

Wie wenn, gepeitschet vom Orkan,
Das Meer die fels'ge Küste stürmet,
Zurückgedrängt – dann himmelan
Aufs neu die Wogenrosse türmet;

Der Blitz aus düst'rer Wolke zischt,
Der Donner mächt'ger stets gewittert,
Und hochauf spritzt der Wogen Gischt,
Daß Meer und Fels zugleich erzittert:

So ringt jetzt Mann mit Mann in Wut,
Die Lieb' und Haß zum Kampf entflammen...
Wo wichen je in Schlachtenglut,
Die Richards Löwenblut entstammen?

Schon ist das Tor erreicht – erstürmt –
Doch will der mut'ge Feind nicht weichen,
Aufs neu er einen Wall sich türmt
Von der erschlagnen Freunde Leichen.

Vergebens! – Unaufhaltsam dringt
Blondel hinein mit seinen Scharen,
Vor seinem Schwert ein jeder sinkt,
Da kann nicht Helm, nicht Schild bewahren.

Er bricht sich Bahn durch ihre Reih'n,
Er möchte zum Verliese fliegen –
Jetzt ist er dort – ein Stoß – hinein
Eilt Blondel über dumpfe Stiegen.

Jetzt schweigt des heißen Kampfes Dräun;
Solch Bild muß Freund und Feind besiegen:
Sie sehn verklärt vom Abendschein
Die Freunde Brust an Brust sich wiegen.

 


 


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