Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Gertrudisquelle

Von F. J. Freiholz.

        Aus der Karlburg stolzen Hallen
Tritt Held Pippins frommes Kind,
Zu dem Kirchenbau zu wallen,
Den zu Gottes Wohlgefallen
Sie im Tal des Mains beginnt.

Heil'ge Männer sind gekommen
Mit dem Kreuze in der Hand,
Und mit Jubel aufgenommen
Wurden sie von allen Frommen
Im bekehrten Frankenland.

Allwärts strömen bald die Scharen
Lehrbegier'ger Schüler bei;
Siegreich muß sich offenbaren,
Daß im Glauben nur, im wahren,
Einzig Trost und Segen sei.

Doch dem wogenden Gedränge
Aller, die dem Herrn vertraut,
Ist das kleine Haus zu enge,
Darum wird der frommen Menge
Dort ein Tempel aufgebaut.

Und Gertrudis ist's, die reine,
Die das Haus den Gläub'gen schenkt
Und dahin beim Morgenscheine
Aufwärts wandelnd an dem Maine
Oft zum Bau die Schritte lenkt.

Einstens, als der Sonne Strahlen
Heißer sanken auf die Flur,
Fühlt sie bittren Durstes Qualen,
Doch des Schmerzes Seufzer stahlen
Leis sich aus dem Busen nur.

Nirgends war ein kühler Schatten
Noch ein Quell, der Labung gab,
Nah schon war sie dem Ermatten,
Ihre welken Hände hatten
Kaum noch fest den Wanderstab.

Und mit schmerzlicher Gebärde
Blickt zum Himmel sie empor,
Daß ihr Gottes Stärkung werde!
Plötzlich aus der dürren Erde
Springt ein frischer Quell hervor.

Gottes Wunder, Gottes Gnade
Hat die Heilige erquickt,
Daß er ihr auf trocknem Pfade,
Da sie hilflos sich ihm nahte,
Einen kühlen Born geschickt.

Immer noch im Talesgrunde
Fließt das Wasser klar und hell,
Und es heißt im Volkesmunde,
Daß der Kranke schnell gesunde,
Trinkt er vom Gertrudisquell.

 


 


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