Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Wie ein Hausgeist frei wurde

Es ist in Nürnberg Sitte, jährlich wenigstens einmal das ganze Haus von oben bis unten zu reinigen, »stöbern«, wie die Nürnberger sagen. Das sollte nun auch in einem Haus der Laufergasse geschehen, während der Herr und die Frau auf einer Reise abwesend waren. Vorher hatten sie der Magd den Auftrag gegeben, alles fleißig zu stöbern bis auf eine Kammer unter der Stiege, die sollte verschlossen bleiben.

Wie nun die Leute fort waren, plagte die Magd der Vorwitz, was denn wohl in der Kammer sein könnte, die sie nicht aufschließen sollte. Abends, da sie mit dem Stöbern fertig war, gedachte sie ihre Neugierde zu befriedigen. An der Kammertür hing ein großes altes Schloß, auf das drei weiße Kreuze mit Ölfarbe gemalt waren. Die Magd probierte nun alle Schlüssel, keiner wollte passen; endlich fand sich noch ein ganz verrosteter, der die Tür öffnete. Es war eine finstere Kammer voll Staub und Moder, so daß sich die Magd gar nicht hineintraute. In der Mitte lag ein großer Pelz auf dem Boden, der fing an sich zu regen und wuchs immer größer und größer, so daß die Dirne vor Entsetzen davonlief. Da ertönte hinter ihr ein schallendes Gelächter, es fuhr der Zitternden in alle Glieder.

Als die Herrschaft nach Hause kam, erzählte sie mit ängstlicher Stimme, was vorgefallen war. Da wurde der Herr zornig und jagte die Dirne vom Dienst, denn sie hatte einem Geist die Freiheit gegeben, der vormals das Haus beunruhigt hatte und durch einen Geistlichen in die Kammer gebannt worden war. Nun trieb der Geist aufs neue sein Unwesen im Haus und gab seine Schadenfreude allenthalben durch schallendes Gelächter zu erkennen.

 


 


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