Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Grubingen

Nach dem Aussterben der Edlen vom Klingenberg wurde die Burg Klingenberg Eigentum der Herren von Bickenbach. Im vierzehnten Jahrhundert unternahm einer der letzteren, Konrad VIII., eine Wallfahrt nach Jerusalem; er hatte aber das Unglück, in die Gefangenschaft der Ungläubigen zu geraten und schmachtete lange in der Sklaverei. Da flehte er den heiligen Michael um seine Hilfe an und tat das Gelübde, daß er, wenn er je wieder zu seiner väterlichen Burg gelangen sollte, an der Stelle, wo er sie zuerst erblicke, dem heiligen Michael zu Ehren eine Kirche erbauen wolle.

In einer Nacht träumte ihm, er befinde sich wieder auf deutscher Erde und auf dem Weg in seine Heimat. Die Freude über seine Befreiung weckte ihn auf – und vergoldet vom Strahl der Morgensonne lag die Burg Klingenberg vor ihm. Entzückt wollte er ihr zueilen, aber sein Schwert sprang aus der Scheide, grub sich in die Erde und mahnte ihn so an sein Gelübde. Konrad wiederholte es dankbar seinem Heiligen und erbaute in der Folge an jener Stelle eine Kirche, die dem heiligen Michael geweiht wurde, und ein Dorf, das er, weil sich dort sein Schwert in die Erde grub, Grubingen nannte.

Dorf und Kirche lagen eine Viertelstunde oberhalb Röllfeld am Main. Grubingen wurde zur Pfarrei erhoben, und Stadt und Burg Klingenberg, Röllfeld, Schmachtenberg und Seckmauern gehörten als Filiale zu ihr. Das Dorf verschwand im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts – aus welcher Veranlassung ist unbekannt –, die Kirche aber bestand bis zum Jahre 1778, wo sie wegen ihrer Baufälligkeit abgebrochen wurde. Den Kirchhof benutzten die Röllfelder noch bis 1847, in welchem Jahr sie einen größeren näher bei Röllfeld anlegten. Von der Kirche steht jetzt nur noch ein kleines Stück Mauerwerk, das einen Teil der Kirchhofsmauer bildet; in dem Kirchhof aber ist ein steinernes Kruzifix errichtet mit der Inschrift:

»Dahier auf dem Platz stand die Grubinger Pfarrkiche ad St. Michaelem, wohin die Ortschaften Klingenberg und Röllfeld und mehrere andere der Gegend vorhin gehörten. Im Jahre 1778 wurde sie wegen Alterthum abgebrochen und Alles, so sie gehabt, nach dem Weisthum von 1630 unter die beiden Pfarrkirchen Klingenberg und Röllfeld getheilt.«

In der Kirche zu Grubingen lag deren Stifter, Konrad von Bickenbach, begraben. Sein Epitaph wurde beim Abbruch der Kirche in die Kirchhofsmauer versetzt, später aber wieder herausgenommen, weil es durch die Witterung litt; eine steinerne Tafel bezeichnet die Stelle, wo es gestanden ist. Jetzt ist es in der Kapelle Zum Hohen Kreuz zwischen Röllfeld und Klingenberg aufgestellt. Es zeigt einen geharnischten Ritter, der auf einem Löwen, dem Sinnbild der Tapferkeit, steht; der schwere Helm ruht auf seiner linken Schulter. Die Umschrift ist nur noch teilweise lesbar und lautet: »anno dm. m. ccc. LXXXIII. ... o. conradg dus in Bickenbach.«

 


 


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