Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die St.-Leonhards-Kirche bei Lauingen

Unweit Lauingen, von der Stadt durch die Donau getrennt, liegt in einsamer Abgeschiedenheit, umgeben von Obstgärten, die St.-Leonhards-Kirche. Wir folgen bei Beschreibung ihrer Geschichte einer Schrifttafel, die seit alter Zeit in der Kirche hing, von Zeit zu Zeit wieder erneuert wurde und ihre gegenwärtige Gestalt der Aufmerksamkeit des Freiherrn J. W. v. Syrgenstein verdankt.

Der erste, der die Idee zu dieser Kapelle faßte, war Meister Balthasar, ein Orgel- und Lautenmacher, der dreimal in Rom war: das erste Mal als er dreißig Jahre alt war, dann, als er fünfzig zählte und Gnadenjahr war, und dann, als er fünfundsiebzig zählte, wo Jubeljahr war. Er war auch zweimal in Köln bei der Heiligen-Drei-König- und bei der St.-Ursula-Gesellschaft, dann auch oft bei St. Leonhard in Bayern. Allzeit hat er von eigenen Mitteln gezehrt und machte diese Reisen nicht um eitler Ehre, sondern um seines Seelenheiles willen.

Ihm erschien im Traum St. Leonhard und zeigte ihm die Stadt und den Ort mit der rechten Hand und sagte: »Da sollst du mir eine Kapelle bauen.« Doch als er solches den Leuten erzählte, verspotteten sie ihn, weswegen er das Bauen unterließ und sich begnügte, am bezeichneten Ort ein Bildstöcklein aufstellen zu lassen.

Doch als er vier Jahre hernach in große Not kam, gelobte er, wenn ihm daraus geholfen werde, die Kapelle so zu bauen, wie ihm zweimal geträumt hatte, und alsbald wurde ihm geholfen. Er fing nun sogleich zu bauen an, und als beim Bau viele und große Wunder geschahen, wurden so viele Opfergaben vom Volk gespendet, daß die Kapelle leicht vollendet werden konnte.

Angefangen wurde der Bau um den St.-Kreuz-Tag 1440 und eingeweiht drei Tage vor Galli 1444. Bischof Johannes von Augsburg versprach allen Ablaß, die Almosen hierher geben würden, und Kardinal Wilhelm mit noch 13 Kardinälen erteilte unter Papst Sixtus IV. dieser Kapelle ebenfalls Ablaß.

Fleißig wurde von der Stadt und deren Umgegend diese Kapelle so lange besucht, bis die Reformation ihre Erfolge auch in der Gegend fand, dann wurde sie fast gänzlich ruiniert, und ihre Gerätschaften und Ornate wurden zu profanen Zwecken verwendet; aber dennoch wurde sie – man schien Ehrfurcht vor diesem Zeugnis der Frömmigkeit der Voreltern zu haben – nicht völlig zerstört.

Als aber der unselige Dreißigjährige Krieg seinen Fortgang hatte, kam 1646, nachdem früher schon zweimal die Schweden übel gehaust hatten, die französische Armee an die Donau, legte die Garnison nach Lauingen und zerstörte weit und breit alles, was die Schweden verschont hatten. Sie vermehrten die Befestigungen der Stadt, verdarben dabei alle Baumgärten durch Umhauen der Bäume und Herausstechen des zum Schanzen verwendeten Grasbodens. Unter anderen schönen Gebäuden wurde auch die St.-Leonhards-Kirche zerstört bis auf die vier Hauptmauern, in deren Inneres ein Roßstall eingebaut wurde.

So blieb alles bis zum Jahre 1664, wo bei einer abzulegenden Spitalrechnung auch dieser Kapelle gedacht und beschlossen wurde, sie wiederherzustellen; hierzu wurde auch gleich eine namhafte Summe angewiesen. So wurde mit Beisteuer der Bürgerschaft und Umgegend der Bau so erstellt, wie er noch jetzt zu sehen ist.

Um die Kirche herum ist eine sehr schwere Wagenkette befestigt, und es heißt: Ein Fuhrmann, der in Gefahr kam, nicht nur ein herrliches Gespann Pferde, sondern auch das geladene große Gut zu verlieren, habe sie, als er durch Fürbitte St. Leonhards der Gefahr entgangen war, hier anbringen lassen.

 


 


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