Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Vom seligen Conrad Nantwein zu Wolfratshausen

Um das Jahr 1286 kam ein Pilger mit Namen Conrad Nantwein gen Wolfratshausen und wollte nach Rom wallfahrten gehen; da ließ ihn aber der dortige Richter, genannt Ganthar, der ein Auge auf des Pilgers Geld geworfen und ihm darum ein schändliches Verbrechen angesonnen hatte, in den Kerker werfen und nach gefälltem Spruch den Feuertod erleiden.

Das Gerücht von dieser ungerechten Tat und die Wunderzeichen, die sich am Ort des erlittenen Martertodes offenbarten, zogen bald viel andächtiges Volk von nah und fern herbei, und so wurde an dieser Stelle, die eine Viertelstunde vom Markt Wolfratshausen entlegen ist, jene Wallfahrtskirche dem Märtyrer zu Ehren erbaut, die noch heute steht und den Namen St. Nantwein führt.

Das Daisenbergerhaus zu Wolfratshausen, auf dem Vormarkt Mühlberg, wird als dasjenige bezeichnet, in dem Nantwein eingekerkert gewesen sei. Als ein früherer Besitzer des Hauses, seines Handwerks ein Schlosser, die im Kellergewölbe noch vorhandenen Ketten, an denen Nantwein gelegen war, wissentlich verarbeitete, soll er darob närrisch geworden sein. –

Von dem Ort, wo Nantwein gerichtet worden war, meldet die Sage: Als ihm auf dem Gerichtsplatz der Burg Wolfratshausen das Urteil gesprochen worden war, sei er von den Schergen befragt worden, wo er seinen Geist aufgeben wolle; da habe er den Knopf seines Pilgerstabs zur Hälfte abgeschraubt und gesagt, wo der beim Wegschleudern niederfalle, dort wolle er gerichtet sein; darauf habe er den Knopf des Stabs mit Macht hinausgeschleudert, wo dieser niedergefallen sei, sei er verbrannt worden.

Noch werden als Reliquien Nantweins Hirnschale und sein hölzernes Pilgerfläschchen, beides in Silber gefaßt, aufbewahrt; aus letzterem wurde zu gewissen Zeiten den Wallfahrern und an Nantwini Kirchweih dem Volk Wein vom Priester gereicht; der Brauch hat sich bis in die neuere Zeit erhalten, ist aber nachmals wahrscheinlich nur aus dem Grund abgestellt worden, weil dem »Pilgramsflaschl« die Eigenschaft von Sankt Otmars Fläschlein, nie leer zu werden, abgegangen ist.

 


 


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