Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Wie ein Hirtenknabe wohlfeile Zeit macht

Um das Jahr 1694 kam eine große Teuerung ins Land. Reiche Leute mehrten ihren Reichtum durch Wucher, die Armen gerieten in großes Elend. Da lebte unweit von Rosenbühl ein frommer Hirtenknabe; dem erschien, als er eines Tages seine Herde weidete, ein Engel mit einem Kreuzlein in der Hand, zum Zeichen, daß er ein guter Geist und von Gott gesandt sei. Dieser verkündigte dem Knaben, daß über die reichen Wucherer, sofern sie nicht schleunigst Buße täten, schreckliche Krankheit und Not kommen würden. Das erzählte der Knabe allerorten. Die Wucherer schrien, das sei Teufelstrug, und fuhren fort, die armen Leute zu bedrücken.

Da geschah es um Johanni, daß der Engel dem Hirtenknaben zum dritten Mal erschien, als dieser seine Schafe auf der Trift weidete. »Gib mir ein Stücklein Brot!« sagte er zu dem Knaben.

Allein der Knabe litt selber Not und hatte nichts mehr als eine trockene Rinde, um an diesem Tag seinen Hunger zu stillen. Die teilte er gutherzig mit ihm.

Da nahm es der Engel aus der Hand des Knaben und sprach: »Gottes Segen wird sein über diesem Brot; ich will hingehen und es verteilen auf allen Wegen.« Und siehe – von Stund' an bewährte sich das Wort, und der Hunger verschwand, und es kam wohlfeile Zeit, so daß die Leute glaubten, die Gestalt sei die eines Engels gewesen.

 


 


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