Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der alte Fuhrmann

Von L. Braunfels. – Auf einer Anhöhe bei Baunach liegt die Magdalenenkapelle, 1473 von dem Fuhrmann Überkum (Viktor) zu seiner Begräbnisstätte gestiftet.

            »So manches Jahr ist's, daß ich zog
Mit dem Gespann talein, talaus;
Nur wo ich Luft der Alpen sog,
Im fremden Land war ich zu Haus.
Nun sind die Pferde blind und matt;
Krank lieg ich auf der Lagerstatt.

O daß mich bindet Todesband
In enger Heimat, zwiefach Weh!
O läg' ich hoch an Bergeswand
Bestattet im Lawinenschnee,
Daß meine Seel' aus leichter Gruft
Vernähm' den Gruß der Alpenluft.

Wenn still mein Herz, mein Körper kalt,
Lad ihn, mein Knecht, dem Wagen auf;
Spann vor die Rosse, blind und alt,
Laß ihren Hufen freien Lauf;
Und wo sie ruhn, da sei dir's recht;
Da grab mich ein, du treuer Knecht.«

Des alten Fuhrmanns Herze brach,
Hat von den Alpen ausgeträumt.
Und was der Alte sterbend sprach,
Der treue Knecht hat's nicht versäumt;
Es ziehn die Rosse, blind und matt,
Den toten Herrn zur Ruhestatt.

Durch Wald und Flur sie schleichen sacht,
Bis zu dem Berg, der einsam steht:
Da ist die alte Kraft erwacht;
Hinauf geht's, wie vom Sturm geweht.
Da hält hoch oben das Gespann;
Da gräbt ein Grab der treue Mann.

Wo still nun die Kapelle ragt,
Vom Atem des Gebirgs umkreist,
Wenn's durch die Nächte klingt und klagt,
Das ist des Alten trüber Geist;
Das ist von ferner Alpenluft
Der Gruß in eines Wandrers Gruft.

 


 


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