Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Philippine Welser

Von J. G. Seidt.

        Zu Augsburg hat ein Bürger
Ein Töchterlein gar hold;
Hat himmelblaue Äuglein
Und Locken hell wie Gold.
Die schöne Philippine ward
Das Töchterlein geheißen,
So wunderbarer Art.

Es war von guten Sitten
Und fromm und klug dabei;
Man hätte drauf geschworen,
Daß es von Ahnen sei;
Hatt' einen Hals, wie Schnee so rein,
Man sah's, wenn durch die Adern
Ihm floß der rote Wein.

Ein Herzog kam gezogen
Zum Reichstag in das Land;
Dem Dirnlein ward gewogen
Der Herzog Ferdinand;
Er war erst neunzehn Sommer alt,
Da wuchs in seinem Herzen
Die Liebe mit Gewalt.

»Bist du mein liebes Mägdlein?« –
Das Mägdlein sprach: »Bin dein!«
Da segnet bald ein Priester
Den Bund im stillen ein.
Des Herzogs Vater zürnt' wohl sehr;
Sechs Jahr ließ er sich bitten,
Dann zürnt' er nimmermehr.

Dann haust auf seinem Schlößlein
Zu Ambras in Tirol
Mit seiner Philippine
Der Herzog recht und wohl;
Da gab es Lieb' und Lust im Haus;
Die heitern Minnesänger,
Die zogen ein und aus.

Da ward gar viel turnieret,
Der Kunst gar treu gepflegt,
Gar manche Tat vollführet,
Gar mancher Keim gehegt;
So ging es dreißig Jahr und eins,
Da fand der Tod ein Ende
Des treuen Herzvereins.

Das Glück der Philippine
Hat manchen Fant gekränkt,
Drum heißt es, daß im Bade
Die Neider sie ertränkt;
Ich mein', da sorgt der Himmel für,
Daß nicht so schlimm verderbe
Der Schönheit edle Zier.

 


 


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