Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Schmied von Mitterbach

Es lebte vor vielen, vielen Jahren zu Mitterbach ein Schmied, der war ein schlechter Haushalter und vertat alles in Trunk und Spiel; er wußte sich bald nicht mehr zu helfen und rief den Bösen um Beistand an. Der stellte sich ein, und der leichtfertige Schmied verschrieb sich ihm mit Leib und Seele durch seine eigene Blutunterschrift; er sollte ihn haben, wenn er ihm nur drei Jahre lang in allem zu Willen sei. Der Mitterbacher schwelgte nun in Lust und Freuden und warf das Geld nur so zum Fenster hinaus, so daß sich die ganze Nachbarschaft höchlich darob verwunderte.

Die Zeit war um, und Luzifer kam abends in die Stube des Schmieds und wollte sich auf die Ofenbank setzen, woran ihn die Schmiedin hinderte, indem sie mit zierlicher Höflichkeit einen gepolsterten Stuhl aus dem schönen Stübl brachte. Luzifer fragte nach ihrem Ehegatten; die Schmiedin erwiderte, ihr Mann schlage den Rossen des Wirts in der Schenke selbst Eisen auf – das war aber nur Weiberlist, denn in seiner großen Angst und Not hatte der Schmied seiner Frau das arge Geheimnis offenbart. Die Ehefrau des Schmieds trug nun dem Bösen gutes Essen und Trinken auf und sandte den Gesellen nach dem Schmied, ihrem Mann, der sich in Wahrheit bei einem alten Großmütterlein im Dorf Rat holte. Die war aber eine kluge Frau, große Wahrsagerin und Hexe.

Der Mitterbacher kam fröhlichen Mutes und ging den Satan höflich an, seine Lebensfrist zu verlängern. Der schlug es rund ab und mahnte ihn zum Aufbruch. Als sie hinter dem Haus durch den Garten wandelten, wo die Kirschbäume voller Früchte hingen, bewog der Schmied den Teufel auf einen zu steigen und ihm – als letzte Gunst – einige Kirschen zu brocken. Der gute Teufel wollte, nachdem er genug gebrochen zu haben wähnte, wieder herabrutschen, aber siehe – inzwischen hatte der Schmied mit einer weißen, wunderbaren Kreide, die ihm die kluge Frau gegeben hatte, einen Kreis um den Baum gezogen, und der Satan saß wie angepicht auf dem Ast.

Da rief ihm der Schmied zu, er solle die Handschrift herabwerfen, dann wolle er ihn loslassen. Der Höllenfürst verstand sich lange nicht hierzu; endlich schleuderte er eine falsche Urkunde dem harrenden Mitterbacher entgegen; doch der erkannte den Betrug, und so verbrachte der Teufel fletschend und heulend und unsäglichen Gestank verbreitend sechs volle Stunden in seinem Luftrevier.

Indessen nahte sich die Geisterstunde dem Ausgang, und der Böse geriet in Gefahr, sein Regiment auf immer zu verlieren. Das machte ihn mürbe, wie leicht zu erachten ist. Er drehte ein Hörnlein ab, nahm daraus ein vergilbtes Zettlein Pergament und warf es dem Schmied herab, der es als echte Handschrift erkannte, worauf er sie in tausend Fetzen zerriß. Er zog einen Kreis von schwarzer Kreide von seltsamer Eigenschaft; der Satan fuhr wie der Wind davon, großen Gestank verbreitend.

Aber wer sich einmal mit der Hölle eingelassen hat, der ist ihr schon verfallen und vermag sich nimmer loszumachen. So war's auch mit unserem Mitterbacher. Er verschrieb sich zum andernmal, und diesmal nahm der betrogene Satan sich wohl in acht, nicht wieder geprellt zu werden. Nach Ablauf der Zeit bat der arme Sünder, es möchten ihm nur noch drei irdische Wünsche erfüllt werden, weil er nun doch sein liebes Weib und Kinder verlassen müsse; dann zöge er gern mit fort in die Hölle. Damit vereinte die Frau ihr Flehen, und die jungen, rotbackigen Töchterlein streichelten dem Geißfuß die haarige Wange und drangen bittend in ihn; da wurde der alte Griesgram weichherzig und konnte nimmer widerstehen. Der erste Wunsch aber war: Über Nacht sollten alle Felder, Wiesen, Gründe und Berge des Schmieds mit einer Mauer aus Quaderstücken umgeben sein, zehn Schuh hoch und fünf Schuh dick. Diesem kühnen Begehren wurde völlig willfahren, denn als der Mitterbacher morgens aufstand und in seinem Besitztum herumwanderte, war die Mauer so prächtig, wie man sich's nur denken kann, aufgeführt.

Hierauf bestieg der Schmied seinen Schimmel, der lief so schnell wie Lauffeuer, und er hieß den Schwarzen so eilig den Weg vorn zu pflastern und hinten wieder aufzureißen, als er reite. Auch dies geschah, obgleich der Mitterbacher ritt, bis der Gaul tot hinfiel.

Nun war er ganz ratlos und ging deshalb zu der weisen Frau im Dorf. Die sagte ihm, er solle dem Bösen eine Locke der krausen Haare seines Kopfes zum Geradeschmieden geben. Da zupfte sich der Schmied, froh, solche Auskunft erhalten zu haben, eine Locke aus und gab sie dem Gottstehunsbei zum Geradeschlagen. Der dengelte gewaltsam darauflos, bis er die Unmöglichkeit des Beginnens begriff; voll Ärger und Verdruß fuhr er unter Ausstoßung lauter Drohungen von dannen.

Der Mitterbacher, blind und frech gemacht durch so oftmalige unverhoffte Rettung, verschrieb sich zum dritten Mal und mußte nun ohne Gnade und Barmherzigkeit fort in die Hölle.

In der Hölle gibt es einen Ort, wo die hinkommen, die auf der Welt keinen erschlagen, keinen Raub noch andere schwere Vergehen begangen haben, die nur in Trunk, Spiel und anderer Kurzweil ihre Tage vollbracht haben. Da sitzen die lustigen Brüder alle in einer pechschwarzen Rauchkammer, die ist gar unheimlich von Spanlichtern erhellt; sie trinken Bier und Schnaps, schnupfen Bresil, rauchen Dreikönigsknaster, karten, paschen, beluschen einander, zerkriegen sich, raufen, werden wieder gut mitsammen, häkeln, ringen, singen, schnaderhüpfeln. Einschenken und Span putzen müssen die Teufel; die aber zwicken manchmal in ihrer angeborenen Bosheit die Spieler mit ihren glühenden Zangen und tun ihnen sonst allerlei Übles an; und die vermögen sich dafür nicht zu verwahren noch Rache zu nehmen an den verdammten Plagegeistern.

Als die in der Rauchkammer nun den Mitterbacher, der seinen Schnappsack wohl gefüllt von seinem Handwerkszeug über den Rücken geworfen trug, mit dem Oberteufel hereinkommen sahen, waren alle freudig; sie maßen sie schon gar lustig Zeug vom Schmied, da sie gehört hatten, wie er ihren Herrn und Meister so trefflich gefoppt habe. Dieser hat sich gleich an einen Tisch hingesetzt und hat nach tapferem Bescheidtrunk gespielt; aber bald hat er sich mit den Teufeln verwirrt, die auch ihm mit ihren Teufeleien keine Ruhe gönnten. Er griff nach seinem guten Hammer, hämmerte die Hörnleinmänner tüchtig herum und brachte sie alle nach mannhaftem Kampf in seinen Schnappsack zusammen, wo er sie noch jämmerlich mit seiner Beißzange zwickte. Die Teufel schrien um Gnade, und der Fürst der Hölle selbst entließ den Schmied, weil er unbändig war. Stolz warf dieser den Sack mit den kläglich zugerichteten Teuflein in eine Ecke, sagte den fröhlichen Kameraden ein trauliches Lebewohl und ging rasch von dannen, in den Fäusten Hammer und Zange haltend.

Der Mitterbacher ging nun gerade dem Himmel zu und klopfte da nach seiner Art mit dem Hämmerlein an die Pforte. Aber St. Petrus machte ihm nicht auf. Da wurde der Schmied zornig, drückte die Tür mit Gewalt auf, warf den Petrus die Himmelsleiter hinab und drang bis vor Gottes Angesicht. Gott aber rief ihm zu: »Weiche, Verworfener, und wandere in Ewigkeit! Du gehörst nicht in den Himmel, taugst nicht in die Hölle und kannst nimmer zur Erde kehren.«

Seitdem wandert der Schmied von Mitterbach herum – man weiß nicht wo – und muß wandern in alle Ewigkeit.

 


 


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