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Thomas Mann

Thomas Mann, geb. 1875 zu Lübeck, lebt in München. Ein Erzählertalent von großer Kraft und Selbständigkeit. Unter seinen Arbeiten steht der Roman »Die Buddenbrooks« obenan. Doch verdienen auch die Novellen »Der kleine Herr Friedemann« und »Tristan« volles Lob. Er schildert in dem genannten Roman den »Verfall einer Familie«. Die Zeichnung des Lokalkolorits, der einzelnen Personen, die Folgerichtigkeit der Handlung und die klare, eindrucksvolle Sprache stempeln das Werk zu einer Meisterleistung moderner Romanschriftstellerei. Ein eigenartiger Reiz liegt darin, daß Mann den Gang der Zeit mit seinen Wandlungen durch die verschiedenen Generationen von einer Frau aus beleuchtet, die als kleines Kind den Aufstieg der Familie zum höchsten Glanz, als reife Frau den Beginn des Verfalls von der obersten Staffel des Ruhmes aus und als Greisin den völligen Untergang des Geschlechts mitansieht und miterlebt, ohne doch in ihrem phlegmatischen inneren Wesen sonderlich von den Wechselfällen des Schicksals mitbetroffen zu werden. Auch die Charakteristik des letzten Buddenbrooks, der als Knabe stirbt, ist vortrefflich gelungen. Kaum je ist die Tragik einer dekadenten Kindesseele so scharf gesehen und so ergreifend geschildert worden wie hier. »Die Buddenbrooks« haben kulturhistorisch keinen geringeren Wert wie künstlerisch. Denn das mit behaglicher Breite aufgerollte Bild, das hier gezeigt wird, läßt erkennen, wie die alte Lübecker Patrizierfamilie in Macht und Ansehen dasteht, solange sie beherrscht ist von dem angestammten Kaufmannsgeist, der ihren Ruhm begründete, und wie ihr Niedergang einsetzte, als modernes Empfinden ideelle Interessen mit den materiellen zu verquicken sucht, sie mehr und mehr von der praktischen Lebensauffassung abtreibt und schließlich einen Bruch mit der Tradition des Hauses herbeiführt, der das Geschlecht finanziell ruiniert und damit den Lebensnerv der Familie durchschneidet. Thomas Mann gibt also an dem Beispiel dieser einen Familie einen Spiegel der Entwicklung der letzten sechzig Jahre etwa – von einem Zeitalter nüchternen praktischen Geschäftssinnes bis zu den Anfängen einer von Kultur- und Kunstidealen bewegten Menschheitsepoche.

E. M.


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