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Wilhelm Busch

Wilhelm Busch. Der bedeutendste Humorist des verflossenen Jahrhunderts neben Jean Paul, der größte deutsche Humorist überhaupt; Wilhelm Busch (geb. 1832 in Wiesendahl, lebt in seinem Geburtsorte bei Stadthagen im Hannoverschen) hat ähnlich souverän wie Heinrich Heine auf die sentimentalen und satirischen Gattungen der Poesie, auf den Humor unserer Zeit eingewirkt. Schon Scheffel, sein unmittelbarster Vorläufer, war von einer pessimistischen Auffassung des Lebenswertes ausgegangen, um zu einer Überwindung des Weltübels durch die Parodie zu gelangen. Viel tiefer war die philosophische Grundlage bei Busch. Ein Schüler Schopenhauers, stimmte er seine Ethik auf den Ton der Weltverachtung, auf jenes Galgenlächeln, das er in einem Jugendgedicht so treffend angedeutet hat. Dort sagt der singende Vogel angesichts seines Todfeindes, des Katers: »Und weil mich doch der Kater frißt, so will ich keine Zeit verlieren. Will noch ein wenig quinquilieren, Und lustig pfeifen wie zuvor! – Der Vogel, scheint mir, hat Humor!« Das Gedicht steht in einer Sammlung von Jugendarbeiten, die unter dem Titel »Kritik des Herzens« l874 gesammelt wurden, aber wenig Beachtung fanden. Was die rein künstlerische Seite betrifft, verfolgte er das Prinzip des intensiven Schauens und Auflösens des Geschauten in die primitivsten Linien, dasselbe, das ihn auch als Karikaturenzeichner kennzeichnet. Nicht etwa, komplizierte komische Situationen zu erfinden, groteske Verwandlungskünste vorzuführen, nicht darum, nicht um epischen Wechsel handelt es sich bei dem Dichter, sondern darum, die komische Situation in ihrem Kulminationspunkte zu erfassen und in satter Beleuchtung ohne Reflexion wiederzugeben. Seine ersten Anfänge bereits, »Bilderpossen« und der populäre »Max und Moritz«, 1858 erschienen, enthielten das deutlich ausgeprägt. Alle darauffolgenden Werke, von denen hier nur die hervorragendsten genannt sein sollen, waren gewissermaßen nur Vollendungen und Erweiterungen dieses einen subjektiven Gattungstypus. Er brauchte nicht nach Motiven zu suchen für seine Art, sie lagen für ihn auf der Gasse; in der alltäglichsten Alltäglichkeit konnte er sie finden. Da war es denn vor allem die Familie, deren Atmosphäre ihn kampflustig und schadenfroh stimmte. Seine besten Werke, »Herr und Frau Knopp«, 1876, und »Julchen«, 1877, gehören hierher. Das erstgenannte Gedicht ist eine spezifische Satire auf die alberne Dickbäuchigkeit des Familientrottels, In der »Frommen Helene« geißelt er die Scheinheiligkeit eines Mädchens, ein Motiv, das er später in der politischen, etwas zu tendenziösen Satire »Pater Filuzius« auf das politische Gebiet überträgt. Den Kunstdilettantismus geißelt er in »Dichter Bählamm«, 1883, und im »Maler Klecksel«, 1884. – Daß auch Busch sich in seinem Reichtum schließlich erschöpfen mußte, vergibt man dem größten Humoristen gerne. Die Begrenztheit des Genres ändert nichts an der Größe seines Entdeckers. Seine Alterschöpfungen sind nur Kopien der früheren; nur dann und wann flackert auch in ihnen noch die alte Kraft und Unverwüstlichkeit.

V. H.


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