Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[180] An Frau von Belsunce

Neapel, den 31. Oktober 1778

Madame!

Ich streiche dich, sagt Soliman in dem Stücke »Die drei Sultaninnen« zu seinem Bratenschneider, und ich sage das gleiche zu Ihnen: als Neuigkeitskrämerin taugen Sie nichts. Grimm, der anbetungswürdige Grimm, hatte mir vor vierzehn Tagen geschrieben, daß es Mama besser gehe, ohne daß man etwas dazu getan habe, und diese Nachricht hatte mich getröstet. Sie verwandeln meine Freude in Trauer. Überlassen Sie es doch dem Baron, der zwischen Paris und St. Petersburg hin- und herpendelt, mir Gesundheitsnachrichten zu geben. Sie können die Fortsetzung mit politischen und literarischen Neuigkeiten übernehmen. Ihr Stil ist reizend; oft versteht man ihn nicht, um so besser. Das ist der richtige Stil für unterhaltende Nichtigkeiten...

Der Graf von Wilseck bleibt dauernd in Mailand und ist für immer für Neapel verloren. Gatti bleibt dauernd in Neapel; aber es ist, als ob er nicht hier wäre. Er vegetiert für sich hin und ist nur damit beschäftigt, die Keime der Vernunft, die in ihm aufbrechen möchten, zu ersticken.

Horaz packt mich, wie die Gicht, in Anfällen, die rasch vorübergehen. Gegenwärtig denke ich nicht daran. Ach, wie grausam ist mein Zustand! Meine Seele, mein Hirn, meine Gegenwart und meine Zukunft sind öd und leer; aber reden wir nicht davon. – Seit einem Jahrhundert haben Sie mir nichts von Piccini und seiner Musik erzählt. Möchten Sie mir nichts darüber schreiben? Haben Sie mich lieb, pflegen Sie Mama, und sagen Sie Ihren großen Kindern, sie möchten sich mit ihrem Besuch bei mir beeilen, sonst werden sie mich nicht mehr antreffen. Leben Sie wohl!

PS. Wir stehen am Vorabend der Aufhebung des Kartäuserordens; alle Welt bedauert dies mit Recht; sie machten so große Pfannenkuchen!


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