Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[150] An Herrn von Bombelles

Neapel, den 8. Oktober 1774

Guten Tag, mein lieber Freund!

Wem fällt es Ihnen ein zu schreiben und Briefe zu schicken? Wissen Sie nicht, daß der Abbé Galiani tot ist, oder, besser gesagt, daß er sich durch Langeweile, Kummer, Verzweiflung umgebracht hat, indem er sich, ein neuer Curtius, als der erste in den ungeheueren Abgrund stürzte, der sich vor dem Tor von Chiaja nach Ihrem ungesetzlichen Weggang auftat?

Der göttliche Brief des unvergleichlichen Marschalls wäre beinahe an die unrechte Adresse gekommen. Niemand verstand ihn hier. Endlich hat man den Einfall gehabt, ihn an Panurg zu schicken, wie wenn er von der Hand seines Beschützers Gargantua wäre. Der hat ihn geläufig gelesen und augenblicklich darauf geantwortet, in einem Stil, der, um die Wahrheit zu sagen, nicht mehr in der Mode ist, es sei denn, daß ihn die französische Akademie wieder einführe, wie sie die ernstliche Absicht zu haben scheint, wenn man der Antwort an Suard trauen darf. Ich schicke Ihnen den Brief, wie er dasteht, und obgleich er keine direkte Antwort ist, da er nur an den Abbé Galiani und an niemand anders gerichtet war, können Sie, nach Ihrem Belieben, damit machen, was Sie woller, indem sie ihm entweder dem Marschall überreichen oder im Sekretariat der Akademie abgeben.

Was macht Frau von Matignon? Ist sie immer noch untröstlich? Geht es ihrem Kinde gut? Gehen Sie nach Wien? Kommen Sie zum Konklave nach Rom? Erzählen Sie mir tausend Dinge. Ist es nicht unwürdig, daß man einen Papst mit Rattengift umbringt? Daß man einen Pontifex maximus vergiftet, ist ganz einfach, ganz natürlich, und ich habe nichts dagegen einzuwenden. Aber es gibt Gifte für alle Stände, und der Pater Ricci, der eine Apotheke und eine vollständige Serie davon besaß, hätte etwas Kostbares wählen können. Kurz, ich bin wütend auf ihn. Er hat den Heiligen Stuhl erniedrigt, er hat die fürstliche Majestät verletzt. Rattengift wäre höchstens für einen Kapuzinerguardian gut genug gewesen. Es einem Papst zu geben! Solch eine Knickerigkeit!

Guten Abend, mein Freund. Sie sehen, daß ich einen ganzen Abend damit verbracht habe, an Sie zu schreiben; denn ich habe mit einem guten Morgen angefangen und schließe damit, daß ich Ihnen guten Abend wünsche. Meine Empfehlungen an unsern unvergleichlichen Gesandten.

Haben Sie mich lieb und leben Sie wohl.

Der Schatten des Abbé Galiani


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