Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[112] An Frau von Epinay

Neapel, den 9. Januar 1773

Schöne Frau,

Ihr unnumerierter Brief vom 21. Dezember ist nicht viel wert; der meinige wird gar nichts wert sein. Ich bin aufs tiefste betrübt. Ich habe meinen Freund Sersale verloren; er starb heute früh. Ich hatte ihn eigens hierher kommen lassen, um mein »Erinnerer« an Paris zu sein. Ich gedachte, glückliche Tage mit ihm zu verbringen; ein bißchen Gicht und viele abscheuliche Ärzte haben ihn mir geraubt. Man hat ihn getötet. Ich soll also in Neapel ganz und gar unglücklich sein, alles soll mir Unglück bringen, nichts soll mich trösten, nichts mich an mein Paris erinnern. Lassen Sie Grimm nicht hierher kommen; wenn er mir Freude macht, würde es ihm zum Unglück sein. Die Baronin meint, ich solle nicht traurig sein. Aber wie könnte es anders sein? Herr de la Vaupalière ist angekommen. Er kann mir den verlorenen Sersale nicht ersetzen. Ich kann an gar nichts anderes denken. Lassen wenigstens Sie es sich gut gehen, seien Sie mir Ersatz für alles, was ich verliere. Leben Sie mehr als ich; das ist alles, was ich von Ihnen verlange. Wenn ich tot bin, sterben Sie ganz nach Ihrer Bequemlichkeit und ohne sich zu beeilen; ich werde nichts davon wissen. Leben Sie wohl.


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