Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[53] An Frau von Epinay

Neapel, den 12. Januar 1771

Schöne Frau,

alle Ihre Briefe machen mir Kummer, scheinen mir immer trübsinnig; und Kummer machen sie mir stets, so oft Sie selber welchen haben. Ich möchte sie trösten oder beraten. Beides ist schwierig. Indessen sehen Sie doch, sowohl an den öffentlichen Angelegenheiten wie an Ihren häuslichen Verdrießlichkeiten, daß das Übermaß stets der Vorläufer von Heilung und Veränderung ist. Trösten Sie sich also zum mindesten damit, daß dieses so wünschenswerte Übermaß früher eingetreten ist, als man glaubte. Und warten wir nur die Veränderung ab.

Ich danke Ihnen für die ausführlichen Nachrichten über Thomas. Wahrhaftig, Gott wirkt in unserem Jahrhundert Mirakel zu Gunsten der Atheisten; sie sollten sich doch wenigstens angesichts dieser Wunder bekehren. Dann könnten sie hoffen, daß ganz Frankreich und besonders die Parlamente so beschäftigt werden, daß sie nicht mal so viel Zeit hätten, einen Akademiker, wie eine Kotelette geröstet, zu verschlingen, wenn sie in ihrem Ausschank frühstücken. Man muß teufelsmäßig mit Geschäften überhäuft sein, wenn man nicht soviel Zeit hat, einen Atheisten zu braten, und doch ist das passiert. Jetzt sind sie mit der Angst davongekommen, obwohl in der Vorrede des Edikts der königlichen Gerichtssitzung ihnen versprochen worden ist, man werde das Systeme de la nature zum Nachtisch aufbewahren, sobald man sich des politischen Systems Frankreichs und der angeblichen Einheit der Stände entledigt habe. Genug, sie leben noch, und das ist kein kleiner Vorteil für sie.

Sie haben mir eine reizende Abrechnung geschickt, woraus ich sehe, daß ich reicher bin, als ich glaubte. Das Geld, das Sie erhalten haben, muß durch Vermittlung des Herrn de Magallon zu Händen des Herzogs de Villa-Hermosa bezahlt werden; ich werde Ihnen aber darüber nächste Woche noch Genaueres sagen. Einstweilen erwähne ich nur, daß ich zu meiner Überraschung in der von Ihnen mir gesandten Aufstellung keine Zahlung an Madame de la Daubiniere vermerkt finde. Indessen hat sie einiges Geld von mir empfangen, und ich erneuere meine Bitten, ihr beizustehen, auch mit ein wenig Geld. Haben Sie mich lieb und umarmen Sie meine Freunde: dazu gehören auch der Baron und die Baronin. Leben Sie wohl.


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