Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[23] An Frau von Epinay

Neapel, den 9. Juni 1770

Meine schöne Dame!

Sie versprachen mir so fest, mich nicht eine einzige Woche ohne Nachricht über Sie und ihre Gesundheit zu lassen; dennoch haben wir jetzt eine leere Woche. Aber das wird die Schuld des Herrn Magallon sein, der bei den Feuerwerken und dem Böllergeschieße der Hoffeste war. Ich fürchte wirklich, diese Heirat verpufft in lauter Feuerwerk. Hat der Dauphin sie fertiggebracht? Nun, ich entschuldige Sie, und um soviel mehr, als ich nicht die Zeit habe, Ihnen recht ausführlich zu schreiben. Jetzt aber etwas, was für mich von Interesse ist.

Als ich meinen ersten Brief an Panurg schrieb, habe ich auch an den Baron geschrieben; er hat mir nicht geantwortet. Warum nicht? Hätte Panurg ihn mir verführt? Wenn er mir das angetan hat, so werde ich ihm mein ganzes Leben lang nicht verzeihen. Ich habe den Baron lieber als Panurg, lieber sogar als meine Dialoge. Ich verehre ihn abgöttisch; ich will seine Freundschaft um nichts in der Welt verlieren. Ich bitte Sie also um Aufklärung hierüber.

Außerdem muß ich Ihnen sagen, daß ich mir seit einiger Zeit, in einer Art von Vorgefühl, in den Kopf gesetzt habe, meine Dialoge werden zur Widerrufung des Ediktes führen; denn sonst wird in Frankreich die Teuerung kommen, die ich vorausgesehen und vorausgesagt habe. Diese Woche stoße ich zufällig in der Pariser Zeitung auf einen Artikel, der mir absichtlich hineingesetzt zu sein scheint, um den Aufruhr in einigen Provinzen zu beschwichtigen; denn man meldet darin in einer Art Freudentaumel, daß in Nantes eine Getreideflotte angekommen sei. Ich bitte Sie, mich genau hierüber zu unterrichten, und auch über den Preis des Getreides, das nach Paris kommen wird. Denn da die Leute immer nach den tatsächlichen Ereignissen urteilen, so werde ich recht haben, wenn das Getreide in Paris teuer ist, und ich werde ein großer Mann, ein großer Politiker sein, und Panurg und Pangloß werden Dummköpfe sein. Der Hallenpreis wird das Thermometer meines Ruhmes sein.

Guten Abend, schöne Frau. Ohne Ihre Briefe bin ich wie ein Kind, das entwöhnt wird; alles ekelt mich an. Behalten Sie mich immer lieb, denn ich bete Sie an.


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