Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[139] An Frau von Epinay

Neapel, den 22. Januar 1774

Wirklich, schöne Frau, ich fange an, um Sie besorgt zu sein; es ist das zweite oder dritte Mal, daß mir die gewöhnliche Post keinen Brief von Ihnen bringt. Was ist Ihnen denn zugestoßen? Was mich betrifft, so wissen Sie, daß ich mich andauernd wohl befinde, und daß ich unmöglich krank sein kann, da ich niemals weder Arzneien noch Ärzte verdaut habe. Ich könnte wohl sterben, aber Europa wäre voll von meinem Tode; also darf Sie mein Schweigen niemals beunruhigen; doch das Ihrige ist ebenso schrecklich als peinlich für mich.

Sie müssen wissen, daß Caraccioli seine Schwägerin durch den Tod verloren hat. Ich glaube daher, daß er ohne Zweifel hierherkommen wird, und Sie können ihn bitten, mir das Baumwollzeug und die Taschentücher mitzubringen. Schreiben Sie mir den Preis, und wenn er ihn auslegen will, werde ich ihm hier seine Auslagen ersetzen.

Ich erwarte immer noch mit Ungeduld die Nachforschungen über das Leben des Herzogs von Valentinois.

Haben Sie mich lieb. Schreiben Sie mir. Leben Sie wohl. Ich glaube, ich habe Ihre Nr. 55 vom 20. Dezember nicht beantwortet. Der Artikel von Buffon beweist, daß er die Ökonomisten nicht liebt. Aber wenn er meine Dialoge gelesen und gewürdigt hätte, wären ihm die Einwendungen gegen die absolute Handelsfreiheit nicht gänzlich neu vorgekommen. In der Tat, jedes Geschöpf, das vor jemand eine tiefe Verbeugung macht, dreht einem ändern den Rükken zu. Das ist in der Ordnung. Ich verstehe den Titel des englischen Werkes nicht, das Suard übersetzt hat: »Betrachtungen über die Anfänge der Gesellschaft«. Jede Gesellschaft hat begonnen und beginnt mit der Paarung des Männchens mit dem Weibchen. Hat Suard vielleicht darüber Beobachtungen angestellt?

Ich erinnere mich absolut nicht mehr an das, was ich Ihnen über die Getreidefrage gesagt habe, und was Sie der gekrönten Häupter würdig fanden; aber ich will Ihnen das Staats- und Kirchengeheimnis verraten. Hier ist es:

Jedes Land, das die unbegrenzte Getreidehandelsfreiheit einführt und festlegt, wird Erschütterungen erleiden. Seine Regierungsform wird durchaus republikanisch-demokratisch, und der Bauernstand der erste und mächtigste werden. Wir, die nicht die Erde umgraben, wären doch sehr verrückt, wenn wir sie zuließen, um die Letzten zu werden. Haec est lex et prophetae. Leben Sie wohl.


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