Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[74] An Frau von Epinay

Neapel, den 27. Juli 1771

Ihr ländlicher Brief, schöne Frau, ist sehr hübsch: das Abenteuer des Kommissars, der in den Quarkkäse gerät, ist wirklich komisch. Dieser Herr de Valori beweist der Welt, daß der geistliche Stand der denkbar günstigste ist für alle, die es zu nichts bringen können. Man hat also sehr unrecht, ihn ausrotten zu wollen, und man wird in der Gesellschaft die Unbequemlichkeit spüren, wenn man einmal diese Zufluchtsstätten für Faulenzer, Dummköpfe, Tölpel, Querköpfe aufhebt. Die dummen Systemmacher glauben in ihrer Dummheit – weil Montesquieu es gesagt hat, es würde genügen, den Faulenzern ihr Asyl zu nehmen, um die Faulenzerei aus der Welt zu schaffen; gerade so gut könnte man die Irrenhäuser niederreißen, damit es keine Irrsinnigen mehr gäbe. Man würde vielleicht glauben, es gäbe keine mehr, weil sie sich dann unter allen Leuten zerstreuen würden; aber in Wirklichkeit würden noch ebenso viele da sein.

Es gefällt mir nicht, daß Sie nach Paris zurückgegangen sind; sie werden dort wieder traurig werden. Ich leide unter Frankreichs Unglück; es ist zu alt, um einem derartigen Stoß widerstehen zu können; seine Heiterkeit wird auf ewig dahin sein, und Sie werden eine Art Neapolitaner werden, und meine Rückkehr nach Paris wird unmöglich werden; denn das Paris, das ich verlassen habe, wird nicht mehr vorhanden sein.

Ich habe Ihnen von hier nichts Schnurriges zu melden. Ich langweile mich sehr. Ich mache Meisterwerke von Gutachten für den König, die kein Mensch liest und die man niemals drucken wird. Indessen nehmen Sie mir die Zeit weg, etwas anderes zu machen....

Ich bin heute abend dumm; mir fällt nichts ein. Also: ich liebe Sie und umarme Sie. Guten Abend!


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