Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[43] An Frau von Epinay

Neapel, den 29. September 1770

Da bekomme ich eine Nr. 23, die den Teufel nichts taugt! Sie haben schlimmes Kopfweh, Merlin hat sich die Möbel pfänden lassen, und Sie haben nicht die Kraft, mit mir zu plaudern. Warten wir also Nr. 24 ab. Inzwischen bitte ich Sie (falls welche zu haben sind), ein Exemplar der Dialoge auf meine Kosten zu kaufen, und es an Herrn de la Reynière zu schicken, der es in meinem Namen dem Abbé Grimod geben wird. Das ist ein alter Freund von mir, dessen Bibliothek ich bereichern soll.

Ich erhielt aus Paris ein Werk, betitelt: Analytischer Versuch über den Reichtum und die Steuern. Es bekämpft die Ökonomisten. Dieses Buch hat mich an den von Rabelais mitgeteilten Disput erinnert, den Panurg durch Zeichen und Gesten mit einem Unbekannten führte, und den ich immer für den besten Scherz dieses seltsamen Genies gehalten habe. In Wahrheit ist es ebenso dunkel, ebenso hohl wie die Ökonomisten. Es bekämpft, ohne etwas zu verstehen, Leute, die ebensowenig verstehen. Das macht mir Spaß. Ich sinne jetzt bei mir selbst über die Theorie der Steuern nach. Ich schreibe dies Buch; es ist gut. Ich stelle fest, daß wir Könige, Päpste und Steuern haben, weil wir keine Austern sind. Wenn wir Austern wären, also keine Arme und Beine hätten, so könnten wir nur für uns selbst arbeiten. Man könnte uns wohl essen, uns aber nicht dazu anhalten, für andere zu arbeiten. Also wird jedes Volk, das sich Arme und Beine abschneidet, zu einem Volk von Austern und wird steuerfrei sein. Also ist die Faulheit, die uns in Austern umwandelt, das wahre Heilmittel gegen die Steuer. Also ist die Steuer, die unsere Arme und Beine munter macht, das wahre Heilmittel gegen die Faulheit. Also steht der Fleiß eines Volkes im Verhältnis zu seinen Steuern. Also kann, da das menschliche Glück weder in übermäßigem Müßiggang, noch in übermäßiger Tätigkeit besteht, das Glück weder im Nichtvorhandensein, noch im Übermaß der Steuern bestehen. Also wird die Steuer, die uns Arme und Beine bindet, uns mehr hinderlich sein, als die, die sie uns freiläßt, und wird weniger einbringen.

Also wird uns die Verzehrungssteuer weniger lästig sein und mehr einbringen, als die Steuer, die auf der Arbeit des Landbebauers oder des Handarbeiters lastet.

Erwarten Sie eine solche Menge Alsos? Sind Sie erstaunt über diese unglaubliche Entwicklung? Letztes Also: Also faseln die Ökonomisten. Leben Sie wohl. Behalten Sie mich lieb.


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