Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[17] An Frau von Epinay

Neapel, den 5. Mai 1770

Welche verdammte Rasse von Handelsrichtern haben Sie denn? Was ist das für ein Teufelsurteil? Warum soll ich gezwungen sein, zwei Jahre auf Bezahlung eines Werkes zu warten, das in drei Monaten verkauft war? So sollte dieser Spitzbube von Merlin ein verkappter Ökonomist sein, wie es verkappte Jesuiten gibt? Mit einem Wort, ich bin wütend, und mich beruhigt nur der Gedanke, daß dieses Abenteuer Ihnen und all meinen Freunden beweisen wird, wie unglücklich ich bin, ohne es verdient zu haben. So mögen sie mir, wenn sie Unglück über mich hereinbrechen sehen, wenigstens keine Vorwürfe machen, keinen Tadel sagen; aber sie sollen wenigstens endlich einmal wissen, daß die Würfel gefälscht sind und daß es nicht meine Schuld ist. Das Spiel ist nicht ehrlich. Das Glück und die Götter betrügen wie große Schurken, die sie auch sind; und Cato und Brutus, die gutes, ehrliches Geld ins Spiel eingesetzt hatten, wurden dies an ihrem Lebensende gewahr und sagten es allen laut, die es hören wollten. Aber kehren wir wieder zu umsern Geschäften zurück.

Ich befinde mich nicht gerade in drückender Geldnot; aber zwei Jahre warten, das ist doch eine sehr lange Zeit! Zwei Jahre unter der Verwaltung des Abbé Terray! das ist schrecklich lange. Zwei Jahre in der allgemeinen Krise! das ist Wahnsinn. Zwei Jahre für einen Verdammten wie mich! das ist lächerlich. Also, reizende Dame, wenn Sie gegen einen Wechsel von mir 1200 Lire, auf Ihren Schreibtisch aufgezählt, erwischen können, so halten Sie sie fest und bezahlen Sie meine Schulden; und was Sie mit dem Rest anfangen sollen, werde ich Ihnen dann schon sagen. Lassen Sie uns so schnell wie möglich aus den tödlichen Schrecknissen und Ängsten, in denen ich mich befinde, herauskommen. Wenn ich dies Geld verlöre, so würde ich zu Panurg sagen: Vicisti, Galilaee. Er hätte recht und ich unrecht...


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