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Neapel, den 3. Februar 1770
Madame,
endlich habe ich ein Exemplar des Buches erhalten, das in Paris soviel Staub aufgewirbelt hat; ich las es mit großer Begierde, weil ich mich fast nicht mehr dessen entsann, was es enthielt. Auf Kennerwort! es ist ein gutes Buch. Wenn es dem Abbé Raynal und unserm lieben Schomberg gefallen hat, so bin ich zufrieden. Ich halte unendlich viel auf das Urteil dieser beiden Männer. Madame du Deffand hat, dessen bin ich ganz sicher, es nicht gelesen. Von Duclos weiß ich, daß seine Meinung immer in Widerspruch mit der der ganzen Welt ist. So geht denn alles gut....
Der liebe Abbé Panurg hat sich also den Finger zerschunden, um mich lebendigen Leibes zu schinden und desgleichen vielleicht die Ohren der Hörer. Aber warum widerlegt er mich, da ich doch noch nicht einmal alles gesagt habe? Ich bitte Sie inständigst, Madame, allen denen, die wissen, daß das Buch von mir ist, die traurige Geschichte dieses unglücklichen Werkes zu erzählen. Den letzten Dialog habe ich unter Schluchzen geschrieben, und Sie wissen, daß er nicht fertig ist. Es fehlt daran gerade das Wichtigste meines Systems. Der Abbé sollte mich bis zum Ende anhören. Ist er aber unerbittlich, so legen Sie ihm, bitte, meinen Brief über die Indische Kompagnie vor und machen Sie ihn wenigstens ganz wütend ....
Bitte, tun Sie mir den Gefallen, und veranlassen Sie Grimm, Schomberg, den Baron und alle Bekannten, an mich zu schreiben. Das ist nötig für mein Seelenheil. Ich bin verdammt, in Verzweiflung zu sterben, wenn meine Freunde mich vergessen. Tausend Dank an Fräulein von Lespinasse für ihre Beharrlichkeit, womit sie meine schlechten Scherze gut findet.
Leben Sie wohl, schöne Dame. Ich kann Ihnen heut abend nicht mehr schreiben. Umarmen Sie meinen lieben Philosophen und umarmen Sie sich selbst in meinem Namen. Hat Herr von Sartine das Blatt über die Einrichtung der Pfandanstalten bekommen, das ich ihm aus Genua schickte? Leben Sie wohl!....