Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[87] An Frau von Epinay

Neapel, den 11. Januar 1772

Jetzt sind also Sie an der Reihe, meine liebe Freundin. Ich habe dem Abbé und Prior geantwortet, ich habe Ihrer Frau Tochter geantwortet, und ich muß auf zwei Nummern von Ihnen antworten, wenn ich mich nicht irre, obgleich mir die von dieser Woche noch fehlt; denn die französische Post ist ausgeblieben. Aber was soll ich Ihnen sagen? Gleichen hat uns verlassen; Gatti hat zwei kleine neapolitanische Prinzen geimpft und damit die erste Impfung in Neapel vorgenommen.

Ich bin überhäuft mit Verdrießlichkeiten und albernen Geschäften. Mein Geist beschäftigt sich nur mit Kompetenzstreitigkeiten, mit Prozessen und mit den dümmsten und langweiligsten Sachen, die es bei Gericht gibt. Ach, mein armer Kopf! Einst beschäftigtest du dich mit hundertzweiundneunzig Foliobänden über ein System, das den Titel: »De rebus omnibus et quibisdam aliis« erhalten sollte, und womit bist du jetzt gespickt? Wo sind meine theo-, philo-, logi-, physi-, mathe-, politico-moralischen Abhandlungen? Wo sind sie?

Ich hoffe, schöne Frau, wir bekommen dieses Jahr die Pest nach Italien. Dadurch bekomme ich mindestens vier Monate Vorsprung. Ich werde mich mit einem großen Vorrat Papier einschließen und mindestens mein Buch über den Ursprung der Berge schreiben, das mir am meisten am Herzen liegt; denn schließlich ist doch die Geschichte der Gebirge größer und schöner als die der Menschen.

Ich habe weder Zeit noch Lust, Ihnen heute abend noch zu schreiben; nichts elektrisiert mich. Guten Abend...

Frau Geoffrin hat mir einen Brief geschickt, der eine sehr rührende Stelle enthält. Hätte sie gesehen, wie ich vor Rührung darüber weinte, sie würde mir ein Zeugnis ausstellen, daß ich doch nicht ein solches Ungeheuer sei, wie man immer sagte. Schicken Sie ihr meine ehrerbietigen Grüße...


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