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Residenztheater »Traumulus«

Dieses Stück ist nun bald zwanzig Jahre alt. Es gehört jener Zeit des absterbenden Naturalismus an, in der man sich in der Ausschöpfung gewisser Milieueigentümlichkeiten bis zum äußersten erging (»Alt-Heidelberg«, »Rosenmontag«, »Flachsmann«). Der Zusammenhang mit dem bürgerlichen Rührstück älteren Datums ist unverkennbar, nur daß in diesem Fall Holz-Jerschke die Typen, auf die es in erster Linie ankommt, mit sehr viel Präzision herausgearbeitet haben. Es ist solide Theaterarbeit, und aus einer imaginären Loge lächelten die Geister Ifflands und Kotzebues huldvoll herab.

Der Clou des Stücks, die Primanerkneiperei, kam diesmal nicht so sehr zur Geltung, da ein Künstler wie Bassermann für die Titelrolle eintrat. Es war eine herrlich gerundete Leistung ohne eine tote Stelle, lebendig bis in die kleinste Geste, bis in die flüchtige, halblaut hingeworfene Bemerkung. Ihm ebenbürtig Patry als Landrat, keine Figurine aus dem alten »Simplicissimus«, sondern ein Mensch. Dann noch Wilhelm Bendow mit ehrlich zerknirschtem Gesicht, Else Bassermann, äußerst ergötzlich als Dame vom horizontalen Gewerbe, und Else Wasa als blonde Salonschlange. Diese schauspielerischen Leistungen machen den Abend zu einem starken Saisonauftakt.

Berliner Volks-Zeitung, 4. August 1921


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