Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

197

Volksbühne: »Der Bauer als Millionär«

Unter den jüngeren Regisseuren, die in den letzten beiden Jahren aufgetreten sind, scheint Jürgen Fehling an Vitalität und Phantasiefülle dem Meister Reinhardt am nächsten zu kommen. Die günstigen Eindrücke, aus der Inszenierung der »Komödie der Irrungen« und des »Braßbound« gewonnen, bestätigte dieser Raimund-Abend auf das glänzendste. Hier war alles, was solche Aufführung erfordert. Leichtes Temperament, Märchenbuntheit, ein Schuß Sentimentalität und vor allem Bescheidenheit. Es fehlten Gott sei Dank alle »modernen« Züge, die den Genuß an älteren Werken solcher Art gewöhnlich so gründlich verekeln. So erfocht Ferdinand Raimund unter Fehlings Führung einen Sieg über Berlin, wie er ihn hier noch nicht erstritten hat. – Prächtig die Bilder; vor allem die nächtliche Straße mit dem gestirnten Himmel darüber und das Zechgelage des Fortunatus Wurzel. Dieser selbst wurde von Guido Herzfeld mit sehr viel Humor, aber ohne störende Clownerie, verkörpert. Von den vielen Mitwirkenden seien besonders Richard Leopold und Harry Berber genannt, sowie Stahl-Nachbaur, Hadank und Halden als allegorische Figuren von ungewöhnlicher Stimmungskraft. Mary Dietrich, die tragische Heroine, schien sich als Raimundsche Fee ein wenig deplaciert vorzukommen, während Cläre Kollmann als braves Lottchen sich ehrlich und erfolgreich bemühte, unter ihrer Bravheit nicht den guten Geschmack leiden zu lassen. Und Lucie Mannheim, ein liebliches Bild, tänzelte als »Jugend« über die Szene und schien eher aus der Welt Mozarts zu sein als aus der Raimunds.

Berliner Volks-Zeitung, 17. Mai 1921


 << zurück weiter >>