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Persische Tänze
Armen Ohanian

Armen Ohanian, die persische Tänzerin, über die im »Berliner Tageblatt« Paul Block jüngst aus Paris so begeistert berichtete, stellte sich gestern im Kunstsalon Cassirer einem kleinen, auserlesenen Publikum vor. Was sie bot, rechtfertigte den guten Ruf, der ihr voranging. Das ist nicht die zum Überdruß gewordene Exotentänzerei brauner und gelber Damen (aus Pankow und Meseritz), ist nicht die schlecht getanzte Weltanschauung jüngster deutscher Schule und erst recht nicht jener greuliche Exhibitionismus, der heute in Deutschland für Kunst gehalten wird. Armen Ohanian, kerngesund an Leib und Seele, braucht nicht die krankhafte Verzerrung, um aufzufallen. An den volkstümlichen Tänzen ihrer Heimat gebildet, hält sie sich, durch überreiche mimische Ausdrucksfähigkeit unterstützt, eng an balladeske Motive. Zudem ist sie so schön, daß sie es sich erlauben könnte, verwegen zu sein. Aber sie verzichtet auf Pikanterie, bleibt was sie ist: ein prächtiges Stück Natur. Gibt, zwischen Tändelei und Leidenschaft, die Musik eines Volksliedes, das lange noch in der Erinnerung nachklingt. Sie könnte in unserem entarteten Terpsichorentempel den Beginn einer Reinigung bedeuten. Ein Vorschlag zur Güte: Wir behalten Armen Ohanian hier und schicken Celly nach Persien. Die Landsleute des Hafis werden sich über den Berliner Geschmack wundern.

Berliner Volks-Zeitung, 14. Januar 1921


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