Heinrich Pestalozzi
Lienhard und Gertrud
Heinrich Pestalozzi

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123.
Ein Stück aus einer Leichenpredigt.

Ich möchte so gerne viel von dieser Frau reden, und weiß so wenig von ihr zu sagen; dagegen muß ich so viel von der Schelmenbande reden.

Es kann nicht anders sein: wo es krumm und dumm geht, da gibt es alle Augenblicke etwas anderes; wo es hingegen gut und in der Ordnung geht, da bleibt's immer gar gern und gar lang beim alten. Leser, jetzt denke ich an die Worte eines frommen Geistlichen, der in einer Leichenpredigt zu dem hochmütigen und unruhigen Volk von allerlei Gattung, welches einen braven und stillen Mann zu seiner Ruhestätte begleitete, also sprach: Selig ist der Mensch, von dem, wenn er tot ist, niemand mehr viel redet. Selig ist er, wenn nach ihm die stille Träne des Armen weinet; selig, wenn nach ihm seinem Weibe, seinem Kinde, seinem Freunde, seinem Knecht das Herz blutet! Aber wenn hinter seinem Sarge tausend Mäuler aufgehen, und weit und breit alles über ihn redet, so wandelt es mich immer an, daß ich mißtrauend nachforsche, ob auch seinem Weibe und seinem Kinde das Herz blute, daß er tot ist, und ob auch sein Freund und sein Knecht weine, daß er nicht mehr da ist. Und tausendmal fand ich dann dieser aller Augen trocken.


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