Heinrich Pestalozzi
Lienhard und Gertrud
Heinrich Pestalozzi

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120.
Der Hühnerträger findet keine Hühner und Tauben feil.

Indessen hatte die Geschichte mit dem Katzenschwanz wegen der Historie beim Brunnen doch ihren Kredit verloren, und die Schelmenbande, die wider den Junker, den Pfarrer und ihren Anhang Feuer bliesen, mußte sie fallen lassen, so unlieb es ihnen war. Desto eifriger aber betrieben sie das Gerücht wider den Hühnerträger, und es mußte jetzt übers Teufels Gewalt wahr sein, daß er am Samstag die Gemeinde verblendet, und mit Teufelskünsten die Leute glauben gemacht habe, was nichts weniger als wahr sei. Sie brachten es hierin auch so weit, daß, da der Meister Christoph am Freitag ins Dorf kam, Hühner, Tauben und Eier zu kaufen, ihm kein Mensch eine Eierschale feilbot, und ihn sogar niemand ins Haus hineinlassen wollte. Er mußte vielmehr da und dort ins Angesicht hinein hören: ein Mann wie er könnte ihnen die Hühner verderben, und Enten und Tauben weiß nicht was antun.

Der Meister Hühnerträger wußte sich gar nicht zu fassen ob dem, was ihm begegnete. Er setzte sich mit seinem Korb auf eine Bank nieder beim Haus seines alten bekannten Nachbars Leupi, mit dem er sein Lebtag so manches Glas Wein in Fried und Liebe getrunken, unterstützte seinen Kopf, und sagte in seinem Mißmut: Meine Teufelsarbeit und mein Trinkgeld dazu ist mir übel bekommen, Nachbar.

Behüte uns Gott davor, daß du dich um ein Trinkgeld in so etwas eingelassen! sagte der Leupi, stand von der Bank auf, daß ihm ja nicht etwas begegne, wenn er länger neben ihm sitze.

In was eingelassen? sagte freilich der Hühnerträger; aber der Leupi ließ ihn ohne Antwort. Hingegen war innert einer Stunde im Dorfe herum bekannt, er habe vor vielen Leuten auf der Bank vor des Leupis Haus selber eingestanden, daß er sich um ein Trinkgeld mit dem Teufel in einen Bund eingelassen.

Diese Worte dienten der Schelmenbande so sehr, daß ihrer etliche sagten: wenn man sie mit Gold hätte herauswägen müssen, sie wären nicht zu teuer.

Sonst hatte auch hie und da der eine und andere seine Freude darüber, daß der Hühnerträger jetzt mit dem Hühnerkorb ohne Geflügel und Eier ins Schloß spazieren könne.

Fressen sie jetzt auch einmal Erdäpfel und Rüben! sagten die Kerls an ihren Tischen bei ihrem Specke, und machten sich mit ihren Weibern darüber herzinnig lustig.

Er hat sicher jetzt noch kein Geflügel, und findet sonst keines als hier, sagte eine, die sich aufs Hühnerausbrüten verstand.

Ha, wir wollen unsere jungen Tauben am Sonntag zum Trotz selber essen, sagte eine, die etwas Gutes sehr liebte.

Wenn sie jetzt nur auch das Schloß voll Gäste bekämen! sagte eine, die nie lachen mochte, als wenn ein Haus brannte.

Ich einmal würde dann doch ins Schloß schleichen; ich würde das Doppelte lösen, sagte ihre Schwester, die das Geld mehr liebte als die Hühner.


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